
U.a.: Zwei neue Heiligsprechungen
Der venezolanische Arzt Giuseppe Gregorio Hernández Cisneros
Bartolo Longo – Der Apostel des Rosenkranzes
Sonntagspflicht & Sonntagskultur
Der katholische Katechismus beginnt mit der entscheidenden Frage: „Wozu sind wir auf Erden?“ Die griffige Antwort bekennt, dass wir nicht für diese Welt gemacht sind, sondern für das ewige Leben. Gott, der uns erschuf, hat uns befähigt, dass wir ihn erkennen und in Liebe ihm dienen, damit wir nach Vollendung der irdischen Pilgerschaft an das Ziel gelangen, dass er für uns bestimmt hat. – Das ist der Sinn unseres Lebens!
Der hl. Augustinus bringt es auf den Punkt, indem er sagt: „Fecisti nos ad te, Domine! – Du hast uns erschaffen für Dich, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in Dir!“
Dass wir sicher ans Ziel gelangen, gibt Gott uns einen ‚Kompass‘. Damit meine ich das Gewissen. Weil der Mensch von Gott und nach seinem Bild geschaffen ist, ist in ihm eine unauslöschliche Sehnsucht nach dem Wahren, dem Guten und dem Schönen. Im Innern meines Herzens ist eine Stimme, die mir das Gute zeigt und mich vor dem Bösen warnt. Wenn ich dieser Stimme folgend das Gute tue und das Böse meide, und wenn ich meine Sünden, die ich aus Schwachheit begehe, von Herzen bereue, komme ich ganz gewiss in den Himmel.
Um mir zu helfen, mein Gewissen zu bilden, damit es nicht lau wird oder abstumpft, hat Gott im Alten Testament die ‚10 Gebote gegeben. Diese 10 Gebote gehören zum Minimum dessen, was jeder Christ in- und aus-wendig kennen soll. Sie geben Orientierung, enthalten tiefe Weisheit und helfen uns das Gewissen zu bilden.
Von Anfang an stehen die 10 Gebote im Kontext der Befreiung des Volkes Israel aus der Knechtschaft, denn sie wurden nach dem großen Exodus gegeben, und einleitend spricht Gott zu Moses: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten, dem Haus der Knechtschaft, geführt hat.” (Ex 20, 2) Die Knechtschaft des Pharao ist ein Bild für die Knechtschaft der Sünde, aus der Gott uns durch seine Gnade erlöst. Wichtig ist die Einsicht, dass ein Leben nach der Ordnung Gottes uns nicht die Freiheit nimmt. Vielmehr sind gerade seine Gebote es, die wahre Freiheit garantieren. Sie sind Wegweiser sowohl zum zeitlichen als auch zum ewigen Glück. Deshalb sagt David im Psalm 119: „Eine Leuchte für meinen Fuß ist Dein Wort und ein Licht für meine Pfade.“
Schon im Alten Bund hat man die 10 Gebote den Dekalog genannt. Das kommt vom griechischen deca-logos und bedeutet die zehn Worte. Diese Worte haben es in sich. Wer sie studiert wird staunen, wie 10 Worte so viel sagen können. Jedes einzelne dieser Worte gleich dem Felsen, an den Moses mit seinem Stab schlug und aus dem Ströme lebendigen Wassers quollen.
Im Folgenden möchte ich den Blick vor allem auf das dritte der 10 Gebote lenken und mich bemühen, die große Bedeutung dieses Gebotes gerade für unsere Zeit zu erläutern. Mit dem Halten oder Brechen dieses Gebotes steht und fällt nämlich vieles. Soll die heutige Christenheit sich aus ihrer Totenstarre erheben und wieder lebendig werden, führt kein Weg daran vorbei sich an das dritte Gebot zu erinnern und daran, dass dieses Gebot durch das erste der fünf Kirchengebote bekräftigt und konkretisiert wird. Nun Hand auf’s Herz! Kennst Du die Zehn Gebote Gottes, auswendig und in der richtigen Reihenfolge? Und kennst Du die Fünf Gebote der Kirche? – Die traurige Erfahrung lehrt, dass man heutzutage eher einen Katholiken findet, der die ‚fünf Säulen des Islam‘ kennt, als einen Katholiken, der die fünf Kirchengebote kennt.
Während ich diese Zeilen schreibe, weile ich in der Schweiz, wo nach seriösen Schätzungen der sonntägliche Messbesuch bei etwa 4 % liegt. Das bedeutet nichts anderes, als dass hierzulande 96 % der als katholisch Gemeldeten das Sonntagsgebot nicht mehr kennen. Wollen wir hoffen, dass es unter den Kirchendächern der übrigen ‚D-A-CH Region‘ besser aussieht!
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Dem christlichen Sonntag ging im Alten Bund der Sabbat voraus. Der Sabbat war einem dreifachen Gedenken geweiht. Zunächst war es die Erinnerung an die Schöpfung, denn schon im Anfang hat Gott den siebten Tag gesegnet und ihn zum Ruhetag bestimmt. An zweiter Stelle stand das wöchentliche Passah-Gedenken an den Exodus: „Denke daran, dass auch du Knecht im Ägypterland gewesen bist und dich der Herr, dein Gott, mit starker Hand und ausgestrecktem Arm hinweggeführt hat! Darum hat der Herr, dein Gott, dir befohlen, den Sabbat zu heiligen.“ (Dt 5, 15) Und schließlich sollte die Heiligung des Sabbats ein Zeichen der Bundestreue sein: „Haltet meine Sabbate, denn sie sind ein Zeichen zwischen mir und euch in all euren Geschlechtern.“ (Ex 31, 13) – Immer wieder war es das große Anliegen der Propheten, eindringlich das Volk Israel zur Treue zu mahnen, die in der Heiligung des Sabbats ihren Ausdruck fand.
An die Stelle des Sabbats trat im Neuen Bund der Sonntag. In der Auseinandersetzung mit den Pharisäern bekräftigt Christus, dass der Menschensohn „Herr über den Sabbat“ ist (Mt 12, 8), dessen wahren Sinn er offenbart (Mk 2, 27; 3, 4) und den er aus dem vorbildhaften Schatten ins helle Licht der Erfüllung hinüberführt.
Von den ersten Anfängen an haben die Christen den Sonntag geheiligt. Das Johannesevangelium (20, 19 ff.) berichtet, wie am ersten Ostersonntagabend der Auferstandene den Jüngern erschien und wie sie acht Tage später, am zweiten Ostersonntag – diesmal mit Thomas – wieder versammelt waren. Weitere Zeugnisse für die urchristliche Glaubenspraxis sind Apg 20, 7 und 1 Kor 16, 2.
Schon sehr früh nannte man den Sonntag den Tag des Herrn (Offb 1, 9 f.). Im Lateinischen steht dafür das Wort Dominica, was auf Griechisch nichts anderes ist als Kyriake. Genau davon aber leitet sich das Wort Kirche ab. Sie selbst ist die Kyriake, das bedeutet, die dem Herrn (Kyrios) Gehörende, nämlich seine geliebte Braut. Sehen Sie den Zusammenhang? Der Sonntag als der Tag des Herrn ist der Tag der Kirche!
Zugleich ist der Sonntag auch der Tag der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, weshalb im traditionellen Römischen Ritus an jedem gewöhnlichen Sonntag nach Epiphanie und nach Pfingsten die Präfation zu Ehren der Aller-heiligsten Dreifaltigkeit gebetet wird. Dies ist darin begründet, dass Gott, der Vater, am Sonntag die Welt erschaffen hat, da er gemäß dem Schöpfungsbericht der Genesis am ersten Tag sprach: „Es werde Licht!“ Gleich der aufgehenden Sonne erfüllt Gott, der Sohn, den Ostersonntag mit dem hellen Lichtglanz seiner glorreichen Auferstehung. Und schließlich ist Gott, der Heilige Geist, am Pfingstsonntag in der Gestalt feuriger Zungen auf die junge Kirche herabgekommen.
Aus diesen drei heilsgeschichtlich so bedeutsamen Ereignissen (Schöpfung, Auferstehung, Herabkunft des Heiligen Geistes) wird deutlich, dass auch der deutsche Name Sonntag eine tiefe Berechtigung hat, denn er ist der Tag des Lichtes. Tatsächlich spricht schon im Jahr 139 der hl. Justinus in seiner ersten Apologie von dem „nach der Sonne benannten Tag“ und gibt dazu eine eindrückliche Schilderung des frühchristlichen sonntäglichen Gottesdienstes.
Weil nämlich der Höhepunkt, dem alles Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle ihrer Kraft (vgl. Vatikanum II, SC 10) die heilige Liturgie ist, hat die Kirche aus Apostolischer Tradition all ihren Gläubigen die Teilnahme am Messopfer als heilige Pflicht auferlegt (CIC can 1246). Der ‚Katechismus der Katholischen Kirche‘ formuliert das so: „Die sonntägliche Eucharistie legt den Grund zum ganzen christlichen Leben und bestätigt es. Deshalb sind die Gläubigen verpflichtet, an den gebotenen Feiertagen an der Eucharistiefeier teilzunehmen, sofern sie nicht durch einen wichtigen Grund [z. B. wegen Krankheit, Betreuung von Säuglingen] entschuldigt … sind. Wer diese Pflicht absichtlich versäumt, begeht eine schwere Sünde.“ (KKK 2181) Und weiter heißt es: „Die Teilnahme an der gemeinsamen sonntäglichen Eucharistiefeier bezeugt die Zugehörigkeit und Treue zu Christus und seiner Kirche.“ (KKK 2182)
Meinst Du also, Du könnest ein lebendiger Zweig am wahren Weinstock sein, der Christus ist (Joh 15, 5, f.), wenn Du Dich aus der sakramentalen Gemeinschaft mit IHM durch die Nichtbeachtung des Sonntagsgebotes freiwillig ausschließt? Bitte verstehe mich richtig! Ich will nicht die Höllenkeule schwingen, sondern ich will all jene, die sowieso treu die Sonntagspflicht erfüllen, darin bestärken. Und ich möchte all jene Katholiken, die dem sakramentalen Leben entfremdet sind, von Herzen dazu ermutigen, neu zu beginnen, wieder den Weg zur sakramentalen Versöhnung mit Gott im Beichtstuhl zu finden und dem Besuch der hl. Messe am Sonntag jene höchste Priorität einzuräumen, die der Teilnahme (participatio) am heiligen Messopfer gebührt.
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Im Jahr 304, während der grimmigen Verfolgung unter Kaiser Diokletian, versammelte sich eine Gruppe von 49 Christen unter Lebensgefahr in Abitene im heutigen Tunesien, um trotz des kaiserlichen Verdikts am Sonn-tag die hl. Messe zu feiern. Sie wurden gefangen vor den römischen Statthalter geführt. Auf die Frage, warum sie trotz des kaiserlichen Verbots am Gottesdienst teilgenommen hätten, antworteten sie: „Sine dominico non possumus. – Ohne die Sonntagsfeier können wir nicht leben.“ Sie haben das Martyrium auf sich genommen, weil sie davon überzeugt waren, dass die Sonntagsmesse nicht nur fromme Tradition, sondern von innen heraus für jeden Christen lebensnotwendig ist.
Neben der Heiligung des Sonntags durch die Teilnahme an der hl. Messe bleibt freilich auch der ursprüngliche Anspruch, den Sonntag durch die Enthaltung von knechtlicher Arbeit zu heiligen, denn schon im Alten Bund war dem dritten Gebot hinzugefügt: „Sechs Tage sollst du arbeiten und all dein Werk tun. Der siebte Tag aber ist Sabbat für den Herrn, deinen Gott. Da darfst du kein Werk tun, weder du selbst noch dein Sohn noch deine Tochter, noch dein Knecht, noch deine Magd, noch dein Vieh, noch der Fremde, der sich in deinen Toren aufhält. Denn in sechs Tagen hat der Herr den Himmel, die Erde und das Meer und alles, was in ihnen ist, erschaffen; aber am siebten Tag ruhte er.“ (Ex 20, 9-11)
Während der großen Wanderung durch die Wüste hat Gott sein Volk mit Manna gespeist. Doch gab er dieses Manna nach einer heiligen Ordnung: „‚Das ist das Brot, das der Herr euch zur Nahrung gibt. Folgendes nun gebietet der Herr: Jeder sammle davon, soviel er zur Nahrung braucht.‘ … Die Israeliten taten so und sam-melten, viel oder auch wenig. … Jeder hatte, soviel er zur Nahrung brauchte. Moses sagte darauf zu ihnen: ‚Niemand lasse davon bis zum nächsten Morgen übrig!‘ Einige hörten aber nicht auf Moses und ließen doch bis zum nächsten Morgen etwas übrig; das wurde dann faul, wurmig und stinkend.“ (Ex 16, 15-21) Anders aber war es am sechsten Tag, denn da waren sie angewiesen, für den Sabbat die doppelte Menge aufzuheben, und das faulte nicht noch bildeten sich Würmer. Und Moses sprach: „Esst dies heute, denn Sabbat ist heute für den Herrn. Nichts werdet ihr heute auf dem Feld finden. Sechs Tage sollt ihr es sammeln, am siebten Tag ist Sabbat, an diesem gibt es nichts.“ (Ex 16, 25 f.)
Jesus Christus hat durch seine Grabesruhe am heiligen Karsamstag die Sabbatruhe im vollen Sinn des Wortes erfüllt. Zugleich hat er den Aspekt der Ruhe auf den christlichen Sonntag hinübergenommen. Die Enthaltung von knechtlicher Arbeit dient zur Pflege edler Muße. Die Muße ist freilich nicht zu verwechseln mit dem negativ konnotierten ‚Müßiggang‘, denn dieser ist „aller Laster Anfang“. Der Müßiggang steht für vergeudete Zeit, unmotiviert-sinnleeres Nichtstun oder gar ein Abgleiten in unehrenhaft-weltliche Vergnügen.
Die Muße hingegen ist sinnvoll genutzte freie Zeit. Als wesentlicher Bestandteil christlicher Sonntagskultur steht sie für innere Sammlung und Ruhe und für die Freiheit zu geistiger Entfaltung. Die christliche Woche beginnt mit einer kostbaren Auszeit, damit wir gewissermaßen ‚auftanken‘. Die erste Priorität sonntäglicher Ruhe ist „das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit“ (Mt 6, 33). In dankbarem Gedenken dessen, was Gott für uns getan hat, hat die Feier des Sonntags zugleich eine eschatologische Dimension, denn sie weitet den Blick über alles Irdisch-zeitliche hinaus und nährt die Hoffnung auf das ewige Leben. Da aber die Gottes- und die Nächstenliebe untrennbar verbunden sind, ist der Sonntag auch Tag der Familie, wie der Katechismus sagt: „Die Christen sollen den Sonntag auch dadurch heiligen, dass sie ihren Angehörigen und Freunden die Zeit und Aufmerksamkeit schenken, die sie ihnen an den übrigen Tagen der Woche zu wenig widmen können.“ (KKK 2186)
Abschließend noch ein Wort zum inneren Zusammenhang von Kult und Kultur. Beide Begriffe sind nicht nur sprachlich verwandt, sondern auch innerlich miteinander verbunden. Beim lateinischen Wort cultus denken wir nicht nur an Ackerbau und Viehzucht, sondern vor allem an den cultus divinus, nämlich den Gottesdienst. So verstanden ist der Kult die Wurzel jeder wahren Kultur und jeder Zivilisation. Die Kultur beeinflusst nicht nur die Architektur, die Kunst und die Musik, sondern ganz tiefgreifend auch das edle Miteinander der Men-schen in allen Bereichen des alltäglichen Lebens. Zur christlichen Familienkultur gehört neben der Gesprächs-kultur, der Streitkultur und der Tischkultur ganz wesentlich auch die Sonntagskultur. Wie schön und kostbar ist es, wenn eine Familie versteht, miteinander sowohl zu beten als auch ein festliches Mahl zu halten, zu musizieren und zu spielen.
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In den Erinnerungen meiner Kindheit gibt es noch die Feierlichkeit sonntäglicher Kleidung, das Geheimnis-volle der dem Sonn- und Feiertag vorbehaltenen ‚Guten Stube‘, das Sonntagsgeschirr und das Sonntagsbe-steck, ganz zu schweigen vom Duft des Sonntagsbratens. Gestorben ist die ‚Gute Stube‘ in den 1970er Jahren an der Ausbreitung des Fernsehers, der fortan zum Mittelpunkt des modernen ‚Wohnzimmers‘ wurde.
Wenn ich in Jerusalem weile, mache ich gerne am Samstagnachmittag einen Spaziergang durch Me’a Sche’arim. Das ist eines der ältesten Viertel der Jerusalemer Neustadt, welches hauptsächlich von sog. ultraorthodoxen Juden bewohnt wird. Als strikte Regeln gelten am Sabbat in diesem Bereich: Die Straßen sind für den Verkehr gesperrt. Es fährt kein Auto und keine Straßenbahn. Es gibt kein elektrisches Licht und überhaupt keine Elektronik, weder Telefone noch Computer noch Fernseher, nicht einmal Lichtschalter dürfen betätigt werden. Es ist streng verboten, am Sabbat Fotos zu machen oder Videos aufzunehmen. Einzukaufen, Geld zu benutzen oder Geschäfte zu öffnen ist untersagt. Stattdessen verwandelt sich das ganze Stadtviertel und atmet eine ruhige, fast zeitlose Atmosphäre. Auf den Straßen sieht man Menschen in traditioneller Kleidung. Die Männer tragen schwarze Anzüge, weiße Hemden und Hüte oder Schtreimel. Die Frauen tragen lange, elegante Röcke und Blusen, auf den Köpfen Sheitel und Tichel. Familien spazieren über die Straßen, Kinder laufen in Gruppen und spielen vergnügt mitten auf großen Kreuzungen. – Ja, es mutet seltsam an, und ‚kopieren‘ will man das keineswegs. Doch ehrlich gesagt befällt mich in Me’a Sche’arim eine Art von Wehmut, weil der Sonntag doch so viel höher steht als der Sabbat und weil in christlichen Landen von Sonntagsruhe häufig so ganz und gar nichts zu spüren ist.
Würden sich Christen in der Art und Weise, wie sie den Sonntag feiern, auch nur ein ganz kleines Scheibchen von dem oben Geschilderten abschneiden: würden sie dem Ruf der Glocken zur heiligen Messe folgen, wären sie etwas mehr füreinander da, würden sie sich ein klein wenig besser kleiden, ein klein wenig mehr Abstand zu Elektronik und Cyberwelt halten, wären sie am Sonntag offline und würden sie weder tiktoken noch gamen, würde es sonntags in den Städten und Dörfern die ein oder andere verkehrsberuhigte Zone geben, würde man lustwandelnde Familien und spielende Kinder auf den Straßen sehen und am Sonntag ein klein wenig mehr frohes Kinderlachen hören … – Wäre das nicht menschlich und religiös ein echter Gewinn?
Thalwil, den 27. Februar 2025
P. Martin Ramm FSSP, Pfarrer
Bern (novaradio.ch): In dieser Woche feiern viele katholische Orte Fastnacht. Auch wenn ich persönlich nie so begeistert war von der Fastnacht, so finde ich es trotzdem schön, dass viele Menschen ausgelassen feiern und aus dem Alltag heraustreten können. Es braucht in der heute so von der Arbeits- und Konsumwelt bestimmten und oft sehr monoton wirkenden Welt Gelegenheiten wie die Fastnacht, an denen die Menschen ihre Sorgen vergessen und sich einfach nur freuen können. Es ist sicherlich viel besser, an der Fastnacht zu tanzen und auch einmal ein Bier zu viel zu trinken, als zum Psychiater zu rennen, wie es heute von so vielen Menschen getan wird.
Wir sollten aber nie vergessen, was der christliche Hintergrund der Fastnacht ist. Auch wenn diese Tradition vielleicht noch älter ist als das Christentum und mit dem Wunsch zu tun hat, den Winter zu vertreiben, so hat die Kirche die Fastnacht toleriert und zu einem Kulturgut gemacht. Der Name leitet sich ja von der «Nacht vor dem Fasten» ab, also von der Zeit vor dem Beginn der Fastenzeit, die am Aschermittwoch beginnt. Die Fastenzeit hingegen ist die Vorbereitung auf Ostern, welches das höchste Fest der Katholiken ist. Die Fastnacht und das Fasten, das Feiern und die Entbehrungen, dienen alle dem gleichen Ziel: Gott zu ehren und zu verherrlichen. Wenn wir dies berücksichtigen, gelingt uns die Vorbereitungszeit auf Ostern sowie ein glückliches Leben, welches neben der Arbeit auch viele schöne und ausgelassene Momente ermöglicht. Vergessen wir also zu keiner Zeit, dass unser Leben ein Geschenk Gottes ist und wir ihm dankbar für alles sein müssen, was unser Leben ausmacht. DR
Bildquelle: Daniel Torok
Die Rede von J. D. Vance auf der National Conservatism Conference hat für einige Diskussionen gesorgt, insbesondere im Hinblick auf katholische Soziallehre. Vance, ein konservativer US-Senator aus Ohio, betont oft Themen wie nationale Souveränität, den Schutz der Familie und wirtschaftlichen Nationalismus. Doch wie steht das im Verhältnis zur katholischen Soziallehre?
1. Kernelemente der katholischen Soziallehre
Die katholische Soziallehre beruht auf vier Prinzipien:
Personalität (Würde jedes Menschen)
Gemeinwohl (Wohl der gesamten Gesellschaft)
Solidarität (Zusammenhalt und Fürsorge)
Subsidiarität (Hilfe auf der niedrigsten Ebene, bevor der Staat eingreift)
Zusätzlich sind auch Themen wie soziale Gerechtigkeit, gerechter Lohn und der Schutz der Schwächeren zentral.
2. Wichtige Punkte in Vances Rede
Vance argumentierte unter anderem:
Kritik am Liberalismus: Er sieht den Liberalismus als Ursache vieler gesellschaftlicher Probleme.
Familien- und Wirtschaftspolitik: Er fordert stärkere staatliche Unterstützung für Familien und eine Abkehr vom freien Markt hin zu wirtschaftlichem Nationalismus.
Kritik an Globalismus: Er lehnt internationale Institutionen ab, die nationale Entscheidungen beeinflussen.
3. Übereinstimmungen mit der katholischen Soziallehre
Familienförderung: Die Kirche betont die zentrale Rolle der Familie als Grundzelle der Gesellschaft.
Gemeinwohl statt Individualismus: Auch Vance fordert eine Politik, die sich nicht nur an individuellen Freiheitsrechten orientiert, sondern an gemeinschaftlichem Wohlstand.
Kritik an ungezügeltem Kapitalismus: Die Kirche lehnt einen Kapitalismus ab, der keine soziale Verantwortung übernimmt.
4. Unterschiede und mögliche Spannungen
Solidarität vs. Nationalismus: Die katholische Soziallehre betont Solidarität, auch international. Nationalismus kann dem entgegenstehen.
Rolle des Staates: Die Kirche setzt auf Subsidiarität, während Vance teils eine stärkere staatliche Lenkung fordert.
Flüchtlings- und Migrationspolitik: Die Kirche spricht sich für menschenwürdige Behandlung von Migranten aus, während Vance Migration stark begrenzen will.
5. Fazit
Vance teilt einige Anliegen der katholischen Soziallehre, insbesondere in Fragen der Familienpolitik und der Kritik am liberalen Kapitalismus. Allerdings gibt es Spannungen, insbesondere in Bezug auf seine nationale Fokussierung und migrationspolitische Haltung.
Lass uns den Vergleich noch weiter vertiefen. Es gibt einige zentrale Themen, bei denen die Rede von J. D. Vance und die katholische Soziallehre entweder übereinstimmen oder deutlich auseinandergehen.
1. Wirtschaft und Sozialpolitik
Vance:
Kritisiert den ungezügelten Kapitalismus und den Einfluss multinationaler Konzerne.
Befürwortet wirtschaftlichen Nationalismus: Produktion und Arbeitsplätze sollen in den USA bleiben.
Will den Staat nutzen, um Familien finanziell zu unterstützen (z. B. durch Steuererleichterungen oder Kindergeld).
Katholische Soziallehre:
Sieht im Kapitalismus eine Gefahr, wenn er sich nur an Profit orientiert („Raubtierkapitalismus“).
Bevorzugt eine Wirtschaft mit sozialer Verantwortung, die den Menschen dient (z. B. durch gerechte Löhne).
Unterstützt das Gemeinwohl, aber nach dem Prinzip der Subsidiarität: Der Staat soll nicht unnötig eingreifen, sondern nur dort, wo es nötig ist.
▶ Übereinstimmung: Kritik an einem rein profitorientierten Kapitalismus.
▶ Spannung: Die Kirche setzt auf Subsidiarität, während Vance eher eine aktive Rolle des Staates befürwortet.
2. Familie und Gesellschaft
Vance:
Sieht die Familie als wichtigste Einheit der Gesellschaft.
Kritisiert eine Kultur, die die traditionelle Familie schwächt.
Fordert staatliche Maßnahmen zur Unterstützung von Familien (z. B. finanzielle Anreize für Heirat und Kinder).
Katholische Soziallehre:
Die Familie ist die „erste und lebendige Zelle der Gesellschaft“ (Johannes Paul II.).
Die Kirche sieht die Familie als zentral für die Erziehung und Weitergabe von Werten.
Unterstützung von Familien ist notwendig, aber das Ideal ist eine Balance zwischen Staat, Gesellschaft und Kirche.
▶ Übereinstimmung: Beide betonen die Bedeutung der Familie.
▶ Spannung: Vance vertraut stärker auf staatliche Eingriffe, während die Kirche eher an gesellschaftliche und kirchliche Unterstützung appelliert.
3. Nationalismus vs. universale Solidarität
Vance:
Stellt das nationale Interesse über globale Verpflichtungen.
Lehnt Globalismus und internationale Organisationen ab, die die nationale Souveränität einschränken.
Katholische Soziallehre:
Bejaht das Prinzip der nationalen Souveränität, aber mit Blick auf das Gemeinwohl aller.
Universale Solidarität: Die Kirche sieht alle Menschen als Brüder und Schwestern (Fratelli Tutti, Papst Franziskus).
„Liebe zum eigenen Land ist gut, aber nicht auf Kosten anderer Nationen“ (Johannes Paul II.).
▶ Spannung: Die katholische Soziallehre ist nicht anti-national, aber sie betont die weltweite Solidarität. Ein übersteigerter Nationalismus widerspricht diesem Prinzip.
4. Migrationspolitik
Vance:
Setzt sich für strikte Migrationskontrollen ein.
Kritisiert Einwanderung als Bedrohung für amerikanische Kultur und Arbeitsplätze.
Katholische Soziallehre:
Menschen auf der Flucht müssen menschenwürdig behandelt werden (vgl. Papst Benedikt XVI.: „Recht zu bleiben, Recht zu gehen“).
Migration ist ein komplexes Thema: Es gibt ein Recht auf Schutz nationaler Grenzen, aber auch eine Pflicht zur Hilfe für Bedürftige.
Der heilige Thomas von Aquin betont, dass Migration gesteuert, aber nicht grundsätzlich abgelehnt werden soll.
▶ Spannung: Die Kirche fordert eine Balance zwischen nationaler Sicherheit und der Verpflichtung zur Nächstenliebe. Vances Haltung könnte als zu restriktiv gesehen werden.
5. Rolle des Staates und politische Ordnung
Vance:
Kritisiert die liberalen Eliten und den Einfluss großer Konzerne.
Will einen starken Staat, der traditionelle Werte schützt.
Katholische Soziallehre:
Stärkt die Demokratie, solange sie das Gemeinwohl respektiert.
Warnt vor totalitären Strukturen, egal ob von links oder rechts.
Bevorzugt Subsidiarität: Der Staat soll helfen, aber nicht dominieren.
▶ Übereinstimmung: Skepsis gegenüber einer entgleisten Eliteherrschaft.
▶ Spannung: Die Kirche ist gegen übermässigen Staatseinfluss, während Vance diesen teilweise befürwortet.
Fazit
J. D. Vance teilt einige Positionen der katholischen Soziallehre, besonders in Bezug auf die Familie und die Kritik am entfesselten Kapitalismus. Doch in Fragen wie Migration, Nationalismus und der Rolle des Staates gibt es Spannungen. Während Vance stark auf nationale Interessen setzt, betont die katholische Lehre die universale Brüderlichkeit und eine Balance zwischen Staat und Gesellschaft.
In dieser Sendung bereiten wir sie auf die Fastenzeit vor. Es lesen Drazenka Pavlic, Vera Novakovic und Pero Martinic.
In einem Monat geht es dann, um die Ostern.
U ovom programu pripremamo vas za korizmu. Čitaju Draženka Pavlic, Vera Novaković i Pero Martinić.
Za mjesec dana je emisija o Uskrsu.