Die Region Suwayda im Süden Syriens, wo Kämpfe zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gemeinschaften – insbesondere zwischen Drusen und Beduinen – zu Blutvergiessen und Leid führen, befindet sich weiterhin in einer dramatischen Lage. Die Angriffe treffen auch die Christen, die dort leben.

Die Mitte Juli angegriffene griechisch-melkitische Kirche St. Michael in El Sourah, Syrien. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
Laut Quellen, die dem internationalen Hilfswerk «Kirche in Not (ACN)» nahestehen, ist die Kapuzinerkirche „Jesus König“ in der Stadt Suwayda trotz grosser Gefahr zu einem Zufluchtsort für etwa 250 Menschen geworden. Die überwiegende Mehrheit der Vertriebenen, von denen viele Christen sind, lebt unter extremen Bedingungen.
„In den letzten Tagen wurde der Kirchenkomplex von heftigen Bombardements getroffen. Eine Granate schlug in das Kloster ein und verursachte erhebliche Schäden an den Wassertanks und Fensterscheiben. Wie durch ein Wunder wurde niemand in der Kirche verletzt“, berichtet eine lokale Quelle, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte, gegenüber «Kirche in Not (ACN)».

Die Mitte Juli angegriffene griechisch-melkitische Kirche St. Michael in El Sourah, Syrien. (Foto: «Kirche in Not (ACN)»)
Krankenhaus ausser Betrieb
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Kirche in der Region beschädigt wird. Erst kürzlich wurde auch die griechisch-melkitische Kirche St. Michael in El Sourah angegriffen, wobei erheblicher Schaden entstand.
Die meisten Flüchtlingsfamilien haben ihre Häuser durch Brände und Plünderungen verloren, welceh die Region verwüstet haben. „Das örtliche Krankenhaus ist ausser Betrieb; mehr als 1200 Leichen warten seit über einer Woche auf ihre Beerdigung. Trotz dieser schrecklichen Bedingungen haben sich die Einwohner organisiert und sammeln kleine Mengen Diesel aus jedem Haushalt, um einen Generator für den Antrieb von Sterilisationsgeräten zu betreiben. Frauen aus der Gemeinde haben sich freiwillig gemeldet, um die blutverschmierten Krankenzimmer zu reinigen, da kein medizinisches Personal vorhanden ist“, erklärt dieselbe Kontaktperson.

Die Christen in Suwayda sind verzweifelt – viele hoffen nur noch auf Gott. (Symbolbild) (Foto: «Kirche in Not (ACN)»/Ismael Martin Sanchez)
Unter Belagerung und Scharfschützen
„Das Leben in Suwayda ist unerträglich geworden“, warnt sie. Der Mangel an Wasser und Strom, verbunden mit der Erschöpfung der Lebensmittelvorräte und der Plünderung der Lagerhäuser, schafft eine verzweifelte Lage. «Kirche in Not (ACN)» warnt vor der wachsenden Gefahr von Seuchen aufgrund des Mangels an
lebenswichtigen medizinischen Gütern wie Insulin, Antibiotika und chirurgischem Material. Der dringende Bedarf erstreckt sich auf Babynahrung, Windeln, Damenhygieneartikel, Desinfektionsmittel und Grundnahrungsmittel.

Mehr als 1000 Leichen in Suwayda warten darauf, begraben zu werden. (Symbolbild) (Foto: «Kirche in Not (ACN)» / Ismael Martin Sanchez)
Unvorstellbare Tragödie
„Die lokale Gemeinschaft bietet alles, was sie hat, um sich gegenseitig zu helfen, aber bald wird nichts mehr übrig sein“, sagt eine weitere Quelle, deren Anonymität das Hilfswerk garantiert. „Die Belagerung dauert an und das Feuer der Scharfschützen macht es unmöglich, das Gebiet zu verlassen. Sporadische Schüsse sind zu hören, und die Angst ist allgegenwärtig, da unklar ist, welche Gruppen sich bekämpfen. Viele Menschen werden noch vermisst, sie könnten sich in anderen Dörfern befinden oder in ihren Häusern ums Leben gekommen sein“, berichtet dieselbe Quelle.
„Wir erleben eine massive Tragödie. Wir wissen nicht, wie es weitergehen oder enden wird, und welche Folgen es für unsere körperliche und geistige Gesundheit haben wird. Es fehlt uns an allem, aber was wir wirklich benötigen, sind Gebete und dass Gott eingreift; nur er kann uns hier herausholen.“
Keine Würde mehr für die Lebenden und die Toten
Eine Ordensschwester steht mit Familien in Kontakt, die im Osten von Suwayda Zuflucht gesucht haben, wo die Lage „etwas sicherer ist, aber nur vergleichsweise, da die ganze Stadt in einer tiefen Krise steckt“. „Viele leiden unter Panikattacken, emotionalen Zusammenbrüchen und extremer Angst. Es besteht dringender Bedarf an Beruhigungsmitteln und psychologischer Betreuung; die Menschen können vor Angst und Entsetzen nicht schlafen“, berichtet sie dem Hilfswerk.
Die Ordensschwester beschreibt, wie sie sich nach zehn Tagen Belagerung „völlig gefangen“ fühlen. Die Strassen sind gefährlich, voller Scharfschützen und Chaos. Es wurde kein humanitärer Korridor eingerichtet, und es ist keine Hilfe in die Stadt gelangt.

Stacheldraht – ein Symbolbild für Krieg, Hass und Unterdrückung. (Foto: Pixabay)
„Die Situation ist unvorstellbar menschenunwürdig, mit Leichen, die auf den Strassen liegen. Es gibt keine Würde mehr für die Lebenden und auch nicht für die Toten“, berichtet die Ordensschwester, die Projektpartnerin von «Kirche in Not (ACN)» ist, und ruft verzweifelt dazu auf: „Wir bitten die Welt, zu handeln: Wir brauchen dringend einen humanitären Korridor, um Zivilisten zu evakuieren und lebenswichtige medizinische Hilfe und Lebensmittel hereinzubringen. Wir brauchen psychologische Betreuung, lebenswichtige Medikamente, internationale Aufmerksamkeit, Mitgefühl und vor allem sofortiges Handeln.“
«Kirche in Not (ACN)» steht in direktem Kontakt mit der Ortskirche. Obwohl die aktuellen Umstände es unmöglich machen, Hilfe in das belagerte Gebiet zu schicken, unterhält das Hilfswerk viele Nothilfeprojekte im Land.
Quelle: Kirche in Not Schweiz
