Fastenzeit: Historischer Weg

1. Das Fasten Jesu (1. Jahrhundert)

Die christliche Fastenzeit geht auf das 40-tägige Fasten Jesu in der Wüste zurück (Mt 4,2). Er fastete nach jüdischer Tradition, die bereits verschiedene Fastenzeiten kannte, insbesondere den Versöhnungstag (Jom Kippur) und freiwillige Bussfasten.

2. Frühes Christentum (1. – 3. Jahrhundert)

  • Die ersten Christen übernahmen Fasten als Vorbereitung auf Taufe und wichtige Feste.
  • In vielen Gemeinden wurde am Freitag (Todesgedenken Jesu) und Mittwoch (Tag des Verrats) gefastet.
  • Die Ostervorbereitung bestand zunächst nur aus ein bis drei Fastentagen.

3. Entstehung der 40-tägigen Fastenzeit (4. – 5. Jahrhundert)

  • Nach der konstantinischen Wende (313) wurde das Christentum öffentlich praktiziert.
  • Das 40-tägige Fasten vor Ostern wurde universell festgelegt – als Nachahmung des Fastens Jesu.
  • Die Fastenzeit begann mit dem Aschermittwoch.
  • Strenge Regeln: Einfache Mahlzeiten, oft nur eine am Tag, kein Fleisch, Milch oder Eier.

4. Mittelalterliche Strenge (6. – 15. Jahrhundert)

  • Klöster prägten das Fasten mit sehr harten Regeln.
  • Fisch wurde erlaubt, aber Fleisch, Milchprodukte und Eier verboten.
  • In manchen Gegenden wurde sogar auf Bier zurückgegriffen („Fastenbier“).
  • Papst Gregor I. (6. Jh.) betonte die Bussdimension der Fastenzeit.

5. Lockerung der Fastenregeln (16. – 19. Jahrhundert)

  • Die Reformation (16. Jh.) lehnte die kirchlichen Fastenregeln oft ab.
  • Die katholische Kirche hielt daran fest, aber erlaubte regional Anpassungen.
  • Im 18./19. Jahrhundert wurde das Fasten weiter gelockert, z. B. wurde Milch erlaubt.

6. Modernes Fasten (20. – 21. Jahrhundert)

  • 1966: Papst Paul VI. reduzierte die Fastenpflicht stark (Apostolische Konstitution Paenitemini).
  • Nur Aschermittwoch und Karfreitag blieben verpflichtende Fasttage.
  • Statt strenger Speisevorschriften betonte man geistliches Fasten (z. B. Verzicht auf Vergnügen, soziale Medien, etc.).
  • Heute gibt es in vielen katholischen Kreisen eine Rückbesinnung auf alte Fastentraditionen.

Fazit

Die Fastenzeit hat sich von einer strengen, asketischen Praxis mit klaren Speiseverboten zu einer flexibleren Zeit der Umkehr und Busse gewandelt. Heute liegt der Fokus mehr auf persönlichem Verzicht und geistlicher Besinnung.

Von den ursprünglichen Regeln der Fastenzeit hat sich bis heute nur wenig erhalten. Dennoch gibt es einige Elemente, die sich seit den Anfängen des Christentums bis heute durchziehen.

Regeln, die von Anfang an existierten und heute noch gelten:

  1. Dauer der Fastenzeit (40 Tage)
    • Die 40-tägige Fastenzeit wurde im 4. Jahrhundert offiziell eingeführt und existiert bis heute als Vorbereitung auf Ostern.
    • Sie beginnt mit dem Aschermittwoch und endet in der Osternacht.
  2. Busse und Umkehr als zentrales Thema
    • Schon die ersten Christen verstanden die Fastenzeit als eine Zeit der inneren Reinigung und geistlichen Erneuerung.
    • Das gilt auch heute: Fasten wird nicht nur als Essensverzicht gesehen, sondern auch als Zeit der Besinnung, des Gebets und der Werke der Nächstenliebe.
  3. Strenger Fasttag an Karfreitag
    • Karfreitag war von Anfang an ein besonderer Tag des Fastens und Gedenkens an das Leiden Jesu.
    • Bis heute gilt für Katholiken an Karfreitag (und Aschermittwoch) eine Pflicht zum Fasten und Abstinenz.

Regeln, die sich verändert haben:

FrüherHeute
Fasten bedeutete oft nur eine Mahlzeit am Tag.Drei Mahlzeiten erlaubt (eine grössere, zwei kleinere).
Kein Fleisch, keine Milchprodukte, keine Eier erlaubt.Nur an Aschermittwoch und Karfreitag Fleischverzicht, Milchprodukte und Eier erlaubt.
Fasten galt für fast alle Christen.Verpflichtend nur für 18–59-Jährige, Abstinenz (kein Fleisch) ab 14 Jahren.
Strenge Regeln auch an allen Freitagen der Fastenzeit.Fleischverzicht freitags empfohlen, aber nicht mehr verpflichtend.

Die katholische Kirche hat also viele alte Fastengebote gelockert. Trotzdem bleiben die Grundideen von Umkehr, Busse und Verzicht bestehen.

Die Kirche hat die Fastengebote aus mehreren Gründen gelockert, vor allem wegen gesellschaftlicher Veränderungen, pastoraler Rücksicht und einem veränderten Verständnis von Busse. Hier sind die Hauptgründe:

1. Gesellschaftliche Veränderungen

  • Früher war das Leben stärker agrarisch geprägt. Fastenspeisen wie Brot, Fisch und Gemüse waren alltägliche Nahrung, während Fleisch ein Luxusgut war. Heute ist die Ernährung anders, und Verzicht auf Fleisch hat nicht mehr dieselbe Bedeutung.
  • Harte körperliche Arbeit war früher für viele Menschen Alltag. Strenges Fasten hätte ihre Gesundheit gefährdet.

2. Pastorale Rücksicht (Mildere Seelsorge)

  • Die Kirche wollte vermeiden, dass Menschen aus Angst vor den Regeln den Glauben vernachlässigen.
  • Statt strenge Gesetze zu erzwingen, setzt die Kirche heute mehr auf die persönliche Entscheidung und das Herz des Gläubigen.

3. Neues Bussverständnis (Konzil & Theologie)

  • Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–65) betonte, dass Busse nicht nur aus Essensverzicht besteht, sondern auch durch Gebet, Werke der Nächstenliebe und innere Umkehr geschehen kann.
  • Fasten soll nicht als Zwang, sondern als freiwillige geistliche Übung gesehen werden.

4. Einfluss der Moderne

  • Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Mentalität vieler Menschen, und die Kirche wollte keine unzeitgemässen Regeln aufrechterhalten.
  • In einer globalisierten Welt mit vielen nichtchristlichen Einflüssen war es für die Kirche wichtiger, den Glauben zu vermitteln, als strenge Essensregeln durchzusetzen.

5. Rechtliche und praktische Anpassungen

  • Papst Paul VI. hat 1966 mit Paenitemini die Fastenpflicht stark gelockert, um den Gläubigen mehr Freiheit zu geben.
  • Heutzutage gibt es weiterhin Pflichtfasttage (Aschermittwoch & Karfreitag), aber die restlichen Fastenvorschriften sind eher eine Empfehlung als ein Gesetz.

Fazit:
Die Kirche wollte mit der Lockerung der Fastengebote verhindern, dass das Fasten zu einer reinen äusseren Vorschrift wird. Stattdessen betont sie heute mehr den geistlichen Sinn der Fastenzeit: Umkehr, Buße und eine bewusstere Lebensweise.

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