
Der renommierte Kirchenhistoriker Hubert Wolf mahnt zur Zurückhaltung bei der Beurteilung von Papst Pius XII. und seiner Rolle während des Zweiten Weltkriegs. Angesichts neuer Archivfunde betont Wolf, dass ein abschliessendes Urteil über die Haltung des Papstes gegenüber dem Nationalsozialismus und dem Holocaust verfrüht wäre.
Pius XII., der von 1939 bis 1958 das Amt des Pontifex innehatte, steht seit Jahrzehnten im Zentrum kontroverser Debatten. Während einige ihn als stillen Diplomaten loben, der im Geheimen Judenrettungen unterstützte, werfen ihm Kritiker vor, nicht entschieden genug gegen das NS-Regime protestiert zu haben.
Laut Wolf müssen Historiker sämtliche verfügbaren Quellen berücksichtigen, bevor sie zu einem „letztverbindlichen Urteil“ gelangen. Besonders die seit 2020 geöffneten vatikanischen Archive bieten neue Einblicke in das Wirken des Papstes. Wolf warnt davor, sich vorschnellen Narrativen anzuschliessen, ohne die komplexen politischen und kirchlichen Rahmenbedingungen seiner Zeit angemessen zu analysieren.
Die Forschung zu Pius XII. bleibt somit ein dynamisches Feld, das weiterführende Untersuchungen erfordert. Ein endgültiges Urteil über seine historische Verantwortung sollte erst gefällt werden, wenn alle relevanten Dokumente sorgfältig ausgewertet sind.