Mittwochskolumne vom 01.03.2023

Die Bibel kennen

Bern, (novaradio.ch): Am ersten Fastensonntag wurde uns die Versuchung Jesu vor Augen geführt. Der Widersacher tritt an Jesus heran und versucht, ihn zu Fall zu bringen, wie er es bereits mit den ersten Menschen, Adam und Eva, schaffte. Jesus, der wahrer Mensch und wahrer Gott ist, wehrt jedoch jede Versuchung ab. Man muss sich diese Szene vorstellen: Gott, der Herr der ganzen Schöpfung, ist so demütig, dass er für uns Menschen so niedrig wird, dass der Teufel ihn in Versuchung führen darf, damit Gott das gleiche durchmachen muss wie wir. Er möchte uns in allem gleich werden – ausser der Sünde. Es ist wichtig, sich mit den drei Versuchungen auseinanderzusetzen, die Jesus vom Teufel angeboten werden. Hier geht es um den Missbrauch der Macht, Hochmut und das Streben nach Macht. Der Wunsch nach Macht ist tatsächlich wohl die grösste Sünde, die viele weitere Sünden folgen lässt. Jesus kontert alle Versuchungen mit einem grossen Gottvertrauen. Dabei ist bemerkenswert, dass er – obwohl er es ist – nicht sagt, er sei Gott, sondern demütig die menschliche Last trägt und einzig und allein mit der Heiligen Schrift argumentiert, um die Versuchungen abzuwehren. Für mich ist dies ein grosses Zeichen, wie wichtig es ist, die Heilige Schrift kennenzulernen. Viele Katholiken lesen – wenn überhaupt – nur das Evangelium, wobei auch hier bei vielen Christen das Wissen sehr gering ist. Das Alte Testament wird hingegen von vielen gemieden. Ich hatte das grosse Glück, mit einem älteren Priester, den ich sehr schätze und bei dem ich Hebräisch-Unterricht hatte, zehn Jahre lang das Alte Testament auf Hebräisch zu lesen. Dabei konnte ich den grossen Reichtum erkennen, welchen das Alte Testament bietet. Es ist wichtig, als Katholiken die Heilige Schrift zu kennen. Ich möchte alle Christen ermutigen, zumindest einmal in der Woche sich der Lektüre des Alten Testaments zu widmen. Das Evangelium sollten wir, so wie es der Heilige Vater, Papst Franziskus, uns immer ans Herz legt, sogar jeden Tag lesen. Das ist übrigens etwas, was auch sehr gut ökumenisch geschehen kann. Wir reden so viel über Ökumene, wobei Ökumene dort forciert werden soll, wo sie keine Früchte bringen kann, da die theologischen Differenzen zu gross sind. Dies betrifft vor allem die Frage, ob wir gemeinsam das Brot brechen können. Auf der anderen Seite vernachlässigt man die Bereiche der Ökumene, die sehr sinnvoll wären, wie beispielsweise die Beschäftigung mit der Bibel oder diakonische Werke. Bemühen wir uns in dieser Fastenzeit, das Wort Gottes immer besser kennenzulernen, damit wir wie Jesus allen Versuchungen widersagen können. Durch die Lektüre der Heiligen Schrift wissen wir mehr über unseren Glauben und werden so zu reiferen und besseren Katholiken. DR

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