Bern (novaradio.ch):
An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen
In der Kirche gibt es verschiedene Lager. Auf der einen Seite die sogenannt Progressiven, welche die Glaubenslehre mit Reformen an den Zeitgeist anpassen wollen, auf der anderen Seite die sogenannt Konservativen, welchen sogar einige Reformen, die das zweite Vatikanum brachte, zu weit gehen und diese rückgängig machen wollen. Ich persönlich habe diese beiden Begriffe – konservativ und progressiv – immer abgelehnt, da sie nicht sehr aussagekräftig sind. Auch wenn ich Forderungen wie die Frauenordination, die Aufhebung des Zölibats oder die Änderung der katholischen Morallehre in Bezug auf die Sexualität ablehne, so sehe ich mich trotzdem nicht als Konservativen. Als Christen müssen wir an die Wahrheit glauben. Die Wahrheit ist weder konservativ noch progressiv, sondern durch unser Herz und unsere Vernunft objektiv erkennbar. Die Gebote Gottes dienen uns und unseren Mitmenschen. Der Wille Gottes ist kein willkürlicher Wille, der uns aufgezwungen wird, sondern dient uns zum Heil.
Gefährlich finde ich aber die Tendenz, wenn sich ein Christ nur darüber definiert, ob er konservativ oder progressiv ist. Es gibt in beiden Lagern gute Menschen, die Gott und den Mitmenschen redlich und aufrichtig dienen wollen. Und es gibt in beiden Lagern Menschen, die nur sich selber dienen wollen. Diese Wahrheit muss offen ausgesprochen werden. In der Bibel steht, dass wir sie an ihren Früchten erkennen werden. Gott wird uns beim jüngsten Gericht nicht danach fragen, ob wir uns selbst als konservative oder progressive Christen bezeichnet haben, sondern was wir konkret für unsere Mitmenschen getan haben. So steht es im Evangelium. Wer seinen Mitmenschen nicht dienen will, dem fehlt die Liebe. Wem die Liebe fehlt, der möchte nicht den Willen Gottes umsetzen, sondern seinen eigenen. Hüten wir uns also davor, uns zu stark mit Etiketten zu schmücken. Es ist zwar wichtig, die Lehre der Kirche zu verteidigen, aber ebenfalls ist es wichtig, im Alltag die Nächstenliebe zu praktizieren. Die Welt soll uns daran erkennen, wie viel Liebe wir für unsere Mitmenschen in uns tragen, und nicht daran, wo wir uns kirchenpolitisch verorten. DR