Die Mundkommunion, also die Praxis, die Hostie direkt auf die Zunge gelegt zu bekommen, wird oft als eine „mittelalterliche“ Tradition angesehen. Diese Perspektive führt manche Menschen dazu, die Mundkommunion als veraltet zu betrachten und dafür zu plädieren, sie ganz abzuschaffen. Doch ist diese Form der Kommunion wirklich überholt, oder birgt sie einen wertvollen geistlichen Sinn, der in der heutigen Zeit vielleicht sogar besonders wertvoll sein könnte?
Historisch gesehen hat sich die Mundkommunion in der westlichen Kirche tatsächlich im Mittelalter verbreitet. Sie entstand aus einer tiefen Ehrfurcht vor der Eucharistie, dem Leib Christi, den die Gläubigen so würdevoll wie möglich empfangen wollten. Die Vorstellung war, dass die Hände der Gläubigen weniger „rein“ seien als die Hände des Priesters, und die Mundkommunion sollte dabei helfen, eine respektvolle Distanz zu wahren. Dies hat auch mit einer spirituellen Haltung zu tun, die betont, dass das Heilige den Menschen übersteigt und ihm nur mit grösstem Respekt und Hingabe begegnet werden sollte.
Gegner dieser Praxis argumentieren, dass sie heute unzeitgemäss sei und ein hierarchisches Verhältnis zwischen Priester und Laien zementiere. Sie favorisieren die Handkommunion als eine Form, die die Gläubigen stärker aktiv beteiligt und ihnen ermöglicht, das Sakrament selbst zu „empfangen“. Dies entspricht dem Geist der modernen Liturgie und des Zweiten Vatikanischen Konzils, das die Laien stärker in das Geschehen des Gottesdienstes einbeziehen wollte.
Doch gibt es auch viele Gläubige, die in der Mundkommunion einen Akt der Hingabe und Ehrfurcht sehen, der in der heutigen, oft hektischen Welt eine besondere Bedeutung hat. Gerade in einer Zeit, in der viele Traditionen hinterfragt werden, kann die Mundkommunion eine bewusste Entscheidung für das Sakrale darstellen. Sie bietet Raum für eine tiefe Begegnung und persönliche Beziehung zu Gott, die nicht allein durch Modernisierung und äussere Anpassung ersetzt werden kann.