Vatikanstadt – Die katholische Kirche sieht sich erneut mit einer innerkirchlichen Kontroverse konfrontiert: Ein Kardinal, der von Papst Franziskus mit disziplinarischen Massnahmen belegt worden war, hat an vorbereitenden Treffen im Vorfeld des Konklaves teilgenommen. Die Diskussionen über Legitimität, kirchenrechtliche Grundlagen und geistliche Integrität lassen nicht auf sich warten.

Der Kardinal, dessen Name offiziell nicht genannt wurde, war in den letzten Jahren Ziel interner vatikanischer Massnahmen. Diese reichten von Entzug bestimmter Vollmachten bis hin zur Einschränkung öffentlicher Auftritte, mutmasslich aufgrund moralischer oder administrativer Verfehlungen. Dass er nun – trotz dieser Sanktionen – bei den Generalkongregationen im Vorfeld des Konklaves anwesend war, sorgt für heftige Reaktionen innerhalb und ausserhalb der Kurie.

Kirchenrechtlich zulässig, aber geistlich bedenklich?

Nach dem geltenden Kirchenrecht ist jeder Kardinal unter 80 Jahren zum Konklave zugelassen, es sei denn, er wurde explizit vom Papst suspendiert oder aus dem Kardinalskollegium entfernt. Eine solche Massnahme gilt jedoch als extrem selten und wurde in der Geschichte der Neuzeit nur in Ausnahmefällen vollzogen.

„Formaljuristisch mag die Teilnahme nicht zu beanstanden sein“, erklärt Prof. Dr. Gregor Hohenzoll, Kirchenrechtler an der Päpstlichen Universität Gregoriana. „Doch das geistliche Signal, das hiervon ausgeht, ist problematisch. Ein Konklave ist kein rein politischer Akt, sondern eine geistliche Unterscheidung im Heiligen Geist.“

Vertrauensfrage im Kardinalskollegium

Innerhalb des Kardinalskollegiums rumort es. Mehrere Kardinäle, insbesondere aus Afrika und Osteuropa, äusserten hinter vorgehaltener Hand ihre Bedenken. Ein afrikanischer Kardinal wird mit den Worten zitiert: „Wie sollen wir vom Heiligen Geist geleitet werden, wenn wir unter uns jemanden dulden, der die geistliche Autorität des Petrusamtes offensichtlich missachtet hat?“

Auch konservative Kreise weltweit, die bereits Kritik an bestimmten Personalentscheidungen von Papst Franziskus geübt hatten, sehen in der Teilnahme des sanktionierten Kardinals ein Zeichen der Verwirrung und einer Krise der Autorität. In katholischen Netzwerken wird von einem „Testfall für die moralische Ernsthaftigkeit der Kirche“ gesprochen.

Theologische Perspektive: Kirche zwischen Barmherzigkeit und Wahrheit

Die Kontroverse rührt an eine tieferliegende Spannung innerhalb der Kirche: Wie kann die Kirche Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zugleich verwirklichen? Wenn ein sanktionierter Kardinal dennoch am Konklave teilnimmt, steht die Frage im Raum, ob dies der kirchlichen Lehre von der Heiligkeit der Ämter gerecht wird.

Der Theologe P. Marcus Feldkirch SJ kommentiert: „Es geht hier nicht um Rache oder Ausgrenzung. Aber ein Konklave ist ein Akt höchsten Vertrauens – wenn dieser durch fragwürdige Personalien belastet wird, leidet die Glaubwürdigkeit der gesamten Kirche.“

Was bedeutet das für das kommende Pontifikat?

Unabhängig vom Wahlausgang steht fest: Dieses Konklave wird unter einem besonderen Vorzeichen stehen. Die Kirche betritt nicht nur kirchenpolitisches, sondern auch geistliches Neuland. Der nächste Papst wird sich nicht nur an seinen Entscheidungen messen lassen, sondern auch an seiner Fähigkeit, Klarheit und geistliche Erneuerung in einem zerrissenen Kardinalskollegium zu ermöglichen.

Von admin