Warum sprechen die Pfarrer nicht mehr über die Heiligen?
Wer sonntags den Gottesdienst besucht, bemerkt es immer wieder: In den Predigten der heutigen Zeit ist die Rede von den Heiligen seltener geworden. Während früher die Geschichten und Zeugnisse der Heiligen einen festen Platz in der Verkündigung hatten, scheint dieses Thema heute oft an den Rand gedrängt zu werden. Doch warum ist das so? Und was geht uns verloren, wenn wir die Heiligen vergessen?
Die Heiligen als Vorbilder des Glaubens
Die katholische Kirche verehrt die Heiligen nicht nur als leuchtende Beispiele des Glaubens, sondern auch als Fürsprecher bei Gott. Ihre Lebensgeschichten zeigen uns, wie der christliche Glaube in den unterschiedlichsten Zeiten und Situationen gelebt werden kann. Ob in Zeiten der Verfolgung, des sozialen Wandels oder der geistlichen Dürre – die Heiligen geben uns Orientierung und Hoffnung.
Früher war es üblich, in Predigten auf die Heiligen einzugehen, ihre Tugenden zu betonen und sie als lebendige Beispiele christlicher Nachfolge darzustellen. Doch heute sind solche Ansprachen selten geworden. Stattdessen wird oft eine allgemeine Botschaft der Nächstenliebe, Toleranz oder sozialen Gerechtigkeit in den Mittelpunkt gestellt. So wichtig diese Themen auch sind – die Heiligen erinnern uns daran, dass das christliche Leben mehr ist als moralische Appelle: Es ist eine konkrete Nachfolge Christi.
Ursachen für das Schweigen über die Heiligen
Ein Grund für das Schweigen über die Heiligen könnte in einer gewissen Unsicherheit vieler Geistlicher liegen. In einer Zeit, in der Glaube und Kirche in vielen Gesellschaften an Einfluss verlieren, vermeiden es manche, „ungewöhnliche“ Themen anzusprechen, aus Angst, als rückständig oder unzeitgemäss wahrgenommen zu werden.
Zudem spiegelt sich in dieser Entwicklung oft ein Missverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils wider. Während das Konzil die Bedeutung der Heiligenverehrung betonte, wurde dies von einigen als Aufforderung missverstanden, traditionellere Elemente des Glaubens in den Hintergrund zu rücken. Viele moderne Predigten konzentrieren sich daher eher auf aktuelle soziale oder politische Fragen als auf die geistliche Tiefe, die das Leben der Heiligen offenbart.
Was wir verlieren, wenn die Heiligen schweigen
Wenn die Geschichten der Heiligen verstummen, geht uns eine wesentliche Quelle geistlicher Ermutigung verloren. Die Heiligen zeigen uns, dass Heiligkeit nicht unerreichbar ist. Sie erinnern uns daran, dass der Glaube Mut erfordert – aber auch unendliche Gnade bereithält.
Darüber hinaus bieten die Heiligen auch eine Verbindung zur „Communio Sanctorum“, der Gemeinschaft aller Gläubigen über Raum und Zeit hinweg. Ihr Zeugnis ruft uns dazu auf, unseren eigenen Glaubensweg treu und mutig zu gehen.
Ein Aufruf zur Wiederentdeckung der Heiligen
Es ist an der Zeit, dass Pfarrer wieder verstärkt über die Heiligen sprechen. Ihre Lebensgeschichten sind nicht bloss fromme Erbauung, sondern eine Herausforderung und Inspiration für unser eigenes Leben. Wenn wir die Heiligen wieder in den Mittelpunkt rücken, erinnern wir uns daran, dass unser Glaube lebendig ist – und dass Heiligkeit auch heute möglich ist.
Möge der Mut der Heiligen uns anspornen und ihre Fürsprache uns auf dem Weg zu Christus begleiten.