NEWS: Wie auf dem Markt

50 anglikanische Geistliche feierten mit ihrem Bischof einen Gottesdienst in der Lateranbasilika, der Hauptkirche der katholischen Kirche. Einfach so, geht es nach den Kirchenverantwortlichen. Die Rede ist von einem „ökumenischen Mißverständnis“. Doch es scheint nicht das einzige zu sein.

Am vergangenen Dienstag, dem 18. April, feierte ein anglikanischer Bischof mit 50 anglikanischen Geistlichen am Hauptaltar vor dem Papstthron der Patriarchalbasilika des Laterans, der Bischofskirche von Rom, einen Gottesdienst. Das Ereignis blieb nicht unbemerkt und sorgte für Aufregung.

Für das Domkapitel nahm gestern der Stellvertreter des Erzpriesters, Msgr. Guerino Di Tora, Stellung, der zugleich Weihbischof von Rom ist. Seine Erklärung kann jedoch nicht überzeugen.

Kapitelvikar Di Tora äußerte „tiefes Bedauern“ über den „unglücklichen“ Vorfall und sprach von einem „ökumenischen Mißverständnis“.

Die Verletzung des Kirchenrechts und die sakrilegische Handlung sind so gravierend, daß einige Stimmen in Rom einen Reinigungs- und Wiedergutmachungsritus in der Lateranbasilika für notwendig erachten. Dergleichen wurde vom Weihbischof nicht erwähnt.

Englands König Heinrich VIII. spaltete 1534 die Kirche von England von Rom ab und machte sich selbst zu ihrem Oberhaupt.

Zur Entschuldigung wird auf die von Papst Benedikt XVI. errichteten anglikanischen Personalordinariate verwiesen. Mehrere anglikanische Bischöfe und zahlreiche Geistliche kehrten dadurch in die Einheit mit Rom zurück. Man habe wohl geglaubt, daß es sich um Kleriker dieser Personalordinariate handle. Ein schlechter Scherz.

Es ist jedoch völlig unplausibel, daß ein Bischof und 50 Geistliche einer nicht in der Einheit mit dem Papst stehenden Glaubensgemeinschaft im Lateran einfach am Altar feiern können, ohne daß dies aufgefallen wäre. Jeder fremde Priester muß sein kirchliches Celebret, seine rechtsgültige Zelebrationserlaubnis, vorlegen. Die anglikanischen Geistlichen wissen, daß sie in einer katholischen Kirche nicht feiern dürfen. Es scheint daher undenkbar, daß eine so große Gruppe ohne vorherige Absprache einfach in eine Papstkirche spaziert und tut, was ihr verboten ist.

Die Sache muß also ganz anders gewesen sein. Das wird durch die Ankündigung bestätigt, daß im kommenden Mai Vertreter einer anderen akatholischen Gemeinschaft in der Lateranbasilika einen Gottesdienst feiern werden.

Vom 9. bis 14. Mai wird sich der koptisch-orthodoxe Patriarch von Alexandrien Tawadros II. in Rom aufhalten. Anlaß ist der 50. Jahrestag der ersten Begegnung zwischen einem Papst und einem koptischen Patriarchen von Alexandria, die am 10. Mai 1973 zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Shenouda III. stattfand. Die katholische Kirche zählt 1,4 Milliarden Gläubige, die koptisch-orthodoxe Kirche von Ägypten 15–18 Millionen.

Im Programm des Rom-Besuchs von Patriarch Tawadros II. ist auch eine koptisch-orthodoxe „Messe“ in der Lateranbasilika vorgesehen. Dazu werden die koptisch-orthodoxen Christen Roms und Italiens eingeladen. Die Sache ist „pikant“. Die römischen Stellen sprechen Tawadros zwar konsequent als Patriarchen an, doch die koptisch-orthodoxe Selbstbezeichnung für ihren Patriarchen ist die eines „Papstes“, was soviel wie Vater heißt.

In diesem Fall ist von einem „unglücklichen Mißverständnis“ jedenfalls keine Rede. Im Gegenteil. Pater Hyacinthe Destivelle OP, Dozent am Angelicum und Offizial des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, zeigte sich in einem Interview für I‑Media begeistert. Der Dominikaner sprach von einem „historischen Tag“:

„Sonntag, der 14. Mai, wird auch ein historischer Tag sein, da der Patriarch in der Lateranbasilika eine Messe für die koptischen Gläubigen feiern wird. Es wird das erste Mal sein, daß ein Nichtkatholik in der Kathedrale des Papstes feiert. Ich denke, die Basilika wird voll sein, denn es gibt eine sehr große und dynamische koptische Diaspora in Rom und Italien, vielleicht 100.000 Gläubige.“

Demnach ist davon auszugehen, daß Tawadros II. sogar am Papstaltar zelebrieren darf. Der vatikanische Beamte aus dem Dominikanerorden irrte jedoch, was den „historischen“ Primat eines akatholischen Gottesdienstes angeht: Den haben sich die Anglikaner gesichert.

Unter Papst Franziskus ist viel in Rom möglich geworden.

Quelle: Katholisches.info

Kommentare sind geschlossen.