Martin Mosebach, der preisgekrönte deutsche Schriftsteller, sagte 2013, im ersten Jahr des Pontifikats von Papst Franziskus, nüchtern und unumwunden, daß vom Wirken Benedikts XVI. nur dessen Motu proprio Summorum Pontificum Aussicht auf eine Zukunft habe. Damit erschütterte er damals viele. Doch er sollte damit ins Schwarze treffen und wird auf ungewöhnliche, für ihn aber vielleicht wenig überraschende Weise, noch weit mehr recht behalten. Dabei sieht die Gegenwart doch so anders aus und scheint manche den Mut verlieren zu lassen. Doch dafür gibt es keinen wirklichen Grund.
Es waren keine acht Monate seit der Wahl von Franziskus vergangen, als Martin Mosebach seine Analyse äußerte. Er hatte zuvor mit seinem 2002 erschienenen Werk „Häresie der Formlosigkeit“ dazu beigetragen, den Weg für Summorum Pontificum zu ebnen. Darin nahm er sich kein Blatt vor den Mund und zeigte auf bestechende Weise die Verfehlungen der nachkonziliaren Liturgieentwicklung auf. Seit Benedikt dann mit seinem Motu proprio 2007 darauf reagierte, insbesondere aber seit der Wahl von Franziskus 2013, verteidigte Mosebach Summorum Pontificum wiederholt.
Er attestierte dem deutschen Papst, daß dieser zwar die von ihm angestrebte „Reform der Reform“ angestoßen, diese dann aber durch seinen überraschenden Rücktritt schon in der Frühphase ihrer Umsetzung wieder aufgegeben hatte. Wörtlich sagte Mosebach im November 2013 gegenüber Paix Liturgique:
„Von Papst Benedikts Wirken hat nur Summorum Pontificum eine Chance auf Zukunft. Wahrscheinlich war eine ‚Reform der Reform‘ von Anfang an ein aussichtsloses Projekt. Bei der allgemeinen liturgischen Unbildung und Verständnislosigkeit des Klerus war es hoffnungslos, für die Rückkehr einzelner sakramentaler Formen zu werben, die erst aus dem Gesamten des sakramentalen Corpus ihren Sinn und ihre Bedeutung empfangen. Papst Benedikts Scheitern in dieser Frage bestätigt, daß das Maximalprogramm der ‚Uneinsichtigen‘ und ‚zu keinem Kompromiß Bereiten‘, das Realistischste war: die vorbehaltlose Rückkehr zur Überlieferung.“
Mosebach zeigte sich dennoch optimistisch und nannte bezüglich Summorum Pontificum zwei Aspekte:
„Auf der anderen Seite sind die Gruppen der Tradition stärker geworden; man kann sie nicht mehr einfach einschüchtern und wegfegen, wie das so viele Bischöfe ‚im Geist des Konzils‘ getan haben.“
Und ebenso:
„Die Chancen für die Tradition stehen nicht so schlecht, wenn sie sich darauf konzentriert, im Inneren stark zu bleiben, sich nicht in Streitereien zu verzetteln und vor allem junge Leute, junge Priester, für sich zu gewinnen. Wir hatten eine kurze Rekreationszeit, jetzt muß es wieder ohne Rom gehen; aber das kennen wir ja schon.“
Dann folgte jedoch im Juli 2021 das neue Motu proprio Traditionis custodes von Papst Franziskus, das die Wirkung von Summorum Pontificum in weiten Bereichen annullierte, nämlich genau dort, wo Benedikt XVI. ein befruchtendes Hineintragen des überlieferten Ritus in die Kirchenkreise des Novus Ordo angestrebt hatte.
Ist Summorum Pontificum seit Traditionis custodes erledigt?
Die Frage stellt sich so allerdings nicht, denn das Motu proprio von Benedikt XVI. war nur ein Mittel zum Zweck, eine Hilfe, mit der eine neue Etappe eingeläutet und eine weitere Hürde beim Aufstieg genommen werden sollte.
Mit Traditionis custodes, so sagen es andere, sei die Tradition mehr oder weniger wieder auf den Ist-Zustand von Ecclesia Dei, dem Motu proprio von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1988, zurückgeworfen und Summorum Pontificum eliminiert worden. In der Tat spricht vieles dafür. Immer wieder werden Priester und Gläubige durch traditionsfeindliche Hiobsbotschaften aus verschiedenen Erdteilen aufgeschreckt, und ein Ende ist nicht abzusehen.
Und dennoch bewirkt Traditionis custodes das Gegenteil dessen, was es anstrebt, wie Kardinal Raymond Burke in diesen Tagen betonte. Aber nicht nur deshalb, weil die Gemeinschaften und Gemeinden der Tradition sich in Beharrlichkeit üben. Kardinal Burke, der Traditionis custodes 2021 als „revolutionär und hart“ kritisiert hatte, unterstrich in einem Vortrag in der Osterwoche, daß der überlieferte Ritus gar nicht ausgelöscht, abgeschafft und verboten werden könne, weil er untrennbarer Ausdruck der Kirche ist. Die Ausführungen des Kardinals sollen an dieser Stelle noch um einen Aspekt erweitert werden:
Franziskus und eine ganze Fronde von Liturgikern, die eine Marginalisierung des Opfercharakters und die Umdeutung der Heiligen Messe zu einer animierten Gemeindeversammlung anstreben, wollen mit Traditionis custodes eine Rückkehr des überlieferten Ritus in die Priesterseminare, den Diözesanklerus, die neurituellen Orden und in die Pfarreien abwehren und dort, wo sie bereits stattgefunden hat, diese wieder beseitigen.
Damit erzielt Santa Marta, dank der Machtfülle, seit bald drei Jahren immer neue Etappensiege, von denen jeder einzelne für die betroffenen Priester und Gläubigen äußerst schmerzlich ist.
In Wirklichkeit bewirkt das bergoglianische Motu proprio jedoch wider Willen das genaue Gegenteil. Durch den von Franziskus wieder aufgenommenen Kampf gegen den überlieferten Ritus, genau durch diesen destruktiven Rückfall, festigt er in den Köpfen, und zwar sowohl in den traditionsfreundlichen wie in den traditionsfeindlichen, wenn nicht das Bewußtsein, so zumindest die Ahnung, daß der überlieferte Ritus die wirkliche, letztlich sogar die einzige Alternative zur Überwindung der immer massiveren Kirchenkrise darstellt.
Obwohl der aktuelle Eindruck das Gegenteil nahezulegen scheint, zeichnet sich schon heute auf unsichtbare Weise ab, daß in Zukunft in der Kirche jene aufstehen werden, die heute noch keiner sieht und deren Namen noch keiner kennt, um in der Not und Ratlosigkeit nach dem überlieferten Ritus zu greifen, weil sie erkennen oder wenigstens erahnen, daß der verfolgte und bekämpfte, ja, verfemte überlieferte Ritus die echte Antwort auf die Kirchenkrise sein muß.
Es ist so gesehen einerlei, in welchem Ausmaß es Traditionis custodes gelingen wird, den überlieferten Ritus auszutilgen. Denn wie wenig auch von Summorum Pontificum übrigbleiben wird, sicher ist, daß etwas bleiben und fortdauern wird. Und in der Kirche wird man morgen gerade auch dank Traditionis custodes, dem härtesten Angriff seit der Liturgiereform von 1969/70, wissen, daß die Antwort auf die Krise einen Namen hat und untrennbar mit der Liturgiefrage, dem Herzstück der Kirche, zu tun hat.
Papst Franziskus hat wiederholt seine Abneigung gegenüber Katholiken zum Ausdruck gebracht, die am Ritus der Alten Liturgie (TLM – Traditionelle lateinische Messe) festhalten. Die häufigsten Worte, die Papst Franziskus verwendet, wenn er solche Katholiken beschreibt, sind „Starrheit“, „Unsicherheit“, und er spielte auch indirekt auf eine Art „Geisteskrankheit“ an.
Als er nämlich in einem seiner Interviews auf die Liturgie angesprochen wurde, sagte Papst Franziskus, dass die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil entstandene reformierte Liturgie bestehen bleiben werde und dass es falsch sei, von der „Reform der Reform“ zu sprechen. Dann fügte er gegenüber seinem Gesprächspartner, Pater Antonio Spadaro SJ, hinzu, dass er überrascht sei, dass einige junge Menschen die alte Messe bevorzugen, obwohl sie nicht damit aufgewachsen sind, und der Papst fragte sich: „Warum diese Starrheit? Grab, grab, diese Starrheit verbirgt immer etwas, Unsicherheit oder sogar etwas anderes. Starrheit ist defensiv. Wahre Liebe ist nicht starr.“
Es gibt noch viele weitere solcher und ähnlicher Äußerungen von Papst Franziskus über Katholiken, die der Tradition ergeben sind, aber seine jüngste Bemerkung kann man sicherlich als Exzess bezeichnen. Diese geschah in Budapest bei einem Gespräch mit seinen Jesuitenbrüdern am 29. April 2023. Wie es bei Reisen um die Welt üblich ist, trifft sich der Papst mit der Gesellschaft Jesu im jeweiligen Land. Auf diese Weise traf er sich auch dieses Mal mit den Jesuiten in Ungarn. Er beantwortete Fragen zum Zugang zu jungen Menschen, zur Ausbildung der Jesuiten, zu Missbrauch in der Kirche und einem argentinischen Jesuiten, der 1976 verurteilt wurde. Eine Frage, die nichts mit der Liturgie zu tun hatte, wurde vom Papst genutzt, um erneut die lateinische Messe und die am alten Ritus festhaltenden Katholiken anzugreifen. Hier die Frage und die gesamte Antwort, die einer detaillierteren Analyse bedarf.
Frage: Das Zweite Vatikanische Konzil spricht über die Beziehung zwischen der Kirche und der modernen Welt. Wie können wir die Kirche und die Realität, die bereits jenseits der Moderne liegt, in Einklang bringen? Wie können wir die Stimme Gottes finden, indem wir unsere Zeit lieben?
Papst Franziskus: Ich weiß nicht, wie ich diese Frage theoretisch beantworten soll, aber ich weiß, daß das Konzil immer noch in Anwendung begriffen ist. Es dauert, sagt man, ein Jahrhundert, bis ein Konzil assimiliert ist. Und ich weiß, daß der Widerstand schrecklich ist. Es gibt einen unglaublichen Restaurationismus. Ich nenne das „Indietrismus“, wie es im Hebräerbrief 10,39 heißt: „Wir aber gehören nicht zu denen, die umkehren“. Der Strom der Geschichte und der Gnade fließt von unten nach oben wie der Saft eines Baumes, der Früchte trägt. Aber ohne diesen Fluß bleibt man eine Mumie. Rückwärtsgehen bewahrt nicht das Leben, niemals. Man muß sich verändern, wie der heilige Vinzenz von Lérins in Commonitoriumprimum schreibt, wenn er feststellt, daß sogar das Dogma der christlichen Religion fortschreitet, sich mit den Jahren festigt, sich mit der Zeit entwickelt, sich mit dem Alter vertieft. Aber dies ist eine Veränderung von unten nach oben. Die Gefahr ist heute der Indietrismus, die Reaktion gegen das Moderne. Es ist eine nostalgische Krankheit. Deshalb habe ich beschlossen, daß es jetzt obligatorisch ist für alle neu geweihten Priester, die Erlaubnis zu erhalten, nach dem Römischen Meßbuch von 1962 zu zelebrieren. Nach allen notwendigen Beratungen habe ich mich dazu entschlossen, weil ich gesehen habe, daß diese pastorale Maßnahme, die Johannes Paul II. und Benedikt XVI. gut gemacht haben, ideologisch mißbraucht wurde, um einen Rückschritt zu machen. Es war notwendig, diese Rückwärtsgewandtheit zu beenden, die nicht in der pastoralen Vision meiner Vorgänger lag.
In dieser Rede kann man die tiefe Abneigung des Papstes gegenüber der traditionellen lateinischen Messe spüren, und die Argumente, die er vorbringt, würden einer nüchternen und objektiven Prüfung nicht standhalten. Um es noch einmal zu wiederholen: Bei der Frage ging es überhaupt nicht um die Liturgie, sondern der Papst nutzte die bloße Erwähnung des Zweiten Vatikanischen Konzils, um über etwas zu sprechen, das überhaupt nichts mit der Frage zu tun hatte. Im ersten Satz sagt der Papst, dass „das Konzil weiterhin angewendet wird“. Wenn man den Kontext betrachtet, ist klar, dass der Papst darüber spricht, wie das Konzil in Bezug auf die Liturgie angewendet wird. Dies ist jedoch nicht korrekt. Die Novus-Ordo-Liturgie widerspricht dem Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils Sacrosanctum Concilium zur Reform der Liturgie, in dem es ausdrücklich heißt, dass „die lateinische Sprache in den lateinischen Riten erhalten bleiben muss“ (36,1), dass die Kirche den gregorianischen Choral für besonders geeignet hält für den Römischen Ritus (116), dass die Orgel einen besonderen Platz in der Liturgie einnimmt, weil sie ein traditionelles Instrument ist, das zum Adel des Ritus beiträgt (120) usw. Der Papst sagt weiter, dass „der Widerstand gegen seine Dekrete [des II. Vatikanischen Konzils] entsetzlich sei“. Auch das stimmt nicht, denn in diesem Fall unterstützen orthodoxe Katholiken, wenn es um die Heilige Messe geht, das Dekret über die Liturgie uneingeschränkt; was einige nicht unterstützen, sind die modernistischen Innovationen, die im Widerspruch zum Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils stehen. Diejenigen, die an der alten Messe und dem Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils Sacrosanctum Concilium festhalten, wirft der Papst „unglaublichen Restaurationismus“ oder, wie er es nennt, „Rückständigkeit“ vor. Nun, wir hören jeden Tag von Genderisten, dass wir rückständig seien, weil wir die Tradition lieben, und jetzt sagt uns der Papst dasselbe. Dann, nicht zum ersten Mal, reißt der Papst Bibelzitate aus dem Zusammenhang und interpretiert sie falsch. Das oben erwähnte Zitat aus dem Hebräerbrief lautet eigentlich:
„Doch wir gehören nicht zu denen, die sich abwenden und sich damit selbst ins Verderben stürzen. Nein, wir gehören zu denen, die am Glauben festhalten und dadurch ihr Leben retten“ (Hebr 10:39)
Wenn wir den Kontext betrachten, werden wir sehen, dass der heilige Paulus in Vers 38, unmittelbar vor dem oben Gesagten, das Wort Gottes zitiert:
„Wer sich aber von mir abwendet, zu dem werde auch ich nicht halten.“
Und wenn wir danach Zeile 39 lesen, ist die Bedeutung für uns glasklar. Der heilige Paulus tadelt nicht diejenigen, die „umkehren“ – sondern lobt diejenigen, die „nicht vom Glauben abfallen“, weil sie standhaft im Glauben sind, d. h. sie halten an der Tradition fest.
Ganz im Gegensatz zu dem, was Papst Franziskus interpretierte, sagte der hl. Paulus, dass wir an der Tradition festhalten müssen, was er auch im zweiten Brief an die Thessalonicher erwähnt:
„Bleibt also standhaft, liebe Brüder und Schwestern. Haltet euch an die Überlieferungen, die wir euch mündlich oder schriftlich gelehrt haben“ (2 Thess 2:15).
Wenn St. Paulus sagt, dass wir an der Tradition festhalten, ist er auch ein Rückschrittler?
Der Papst weist weiter darauf hin, dass diejenigen, die an der alten Messe festhalten, wie Mumien seien, denn ohne den notwendigen „Gemüsesaft“, der voranschreitet, seien sie tot. Bedeutet das, dass alle Heiligen und unsere Vorfahren während fast zwei Jahrtausenden, die der lateinischen Messe gewidmet waren, Mumien waren?! Darüber hinaus stellt der Papst fest, dass ein Rückschritt niemals das Leben retten kann, und er nimmt den hl. Vinzenz von Lérins und stellt natürlich alles noch einmal auf den Kopf. Zwar kann sich ein Dogma entwickeln, aber nur im Sinne eines immer besseren Verständnisses des grundsätzlichen Ausgangspunktes, aber niemals so, dass es in sein Gegenteil hineinwächst. Das vatikanische Dokument „Interpretation des Dogmas“ bestätigt diese Regel: „Selbst im Neuen Testament gibt es Hinweise darauf, dass es Stufen gab, um zur Wahrheit zu gelangen: Diese Ausdrucksformen der Wahrheit verstärken sich gegenseitig, gehen von Tiefe zu Tiefe, widersprechen sich jedoch nie“. Im selben Dokument heißt es ausdrücklich:
„Eine Entwicklung [des Dogmas] wird zu einer Verfälschung, wenn sie der ursprünglichen Lehre oder früheren Entwicklung widerspricht. Wahre Entwicklung bewahrt und schützt die Entwicklung und Formulierungen, die zuvor existierten“.
Das ist sehr wichtig zu verstehen, denn wenn Modernisten über die Entwicklung eines Dogmas sprechen, sprechen sie über die Entwicklung eines Dogmas im protestantischen Sinne, wo es zu einem späteren Zeitpunkt in sein Gegenteil umschlagen kann, beispielsweise ist Empfängnisverhütung heute eine Sünde, morgen nicht, heute ist die Ehe unlösbar, morgen ist sie lösbar, heute ist Sodomie eine Sünde, morgen ist sie eine Tugend, heute ist die Todesstrafe zulässig, morgen ist sie es nicht mehr usw. Und jetzt kommen wir zum hl. Vinzenz von Lérins, der eigentlich das Gegenteil von dem sagt, wofür der Papst ihn „benutzt“. Der heilige Kirchenvater Vinzenz sagt in seinem Dokument Commonitorium Folgendes:
„In der katholischen Kirche selbst sollten wir mit aller Kraft darauf achten, den Glauben zu bewahren, an den überall, immer und von allen geglaubt wurde. Weil es wahrhaftig und im strengsten Sinne katholisch ist… Wir werden diese Regel respektieren, wenn wir der Universalität, dem Altertum, der Übereinstimmung folgen… Wir werden der Universalität folgen, wenn wir den einen Glauben als wahr bekennen, der von der ganzen Kirche in der ganzen Welt bekannt wird; dem Altertum, wenn wir nicht von jenen Interpretationen abweichen, an denen unsere heiligen Vorfahren und Väter offensichtlich festhielten; der Übereinstimmung in ähnlicher Weise, wenn wir uns in dem Altertum selbst an die vereinbarten Definitionen und Bestimmungen aller oder zumindest fast aller Priester und Kirchenlehrer halten“ (II.6). Was wird dann ein christlicher Katholik tun, wenn sich ein kleiner Teil der Kirche von der Gemeinschaft des universellen Glaubens getrennt hat? – Was, sich sicherlich eher auf die Gesundheit des gesamten Körpers als auf die Ungesundheit eines schädlichen und faulen Gliedes festzuhalten (III.1). Was wäre, wenn eine neue Ansteckung nicht nur einen unbedeutenden Teil, sondern die gesamte Kirche infizieren würde? – Dann wird es ihm darum gehen, am Altertum festzuhalten, das sich heutzutage durch keine Täuschung der Innovation verführen lässt“ (III.2).
Wenn wir uns ansehen, was der hl. Vinzenz wirklich sagt, ist er dann dem Papst Franziskus nach ein echter „Rückschrittler“?
Darüber hinaus sagt Papst Franziskus, dass die größte Gefahr heute die „Rückständigkeit“ sei, also die „Reaktion gegen den Modernismus“, es handle sich seiner Meinung nach um eine „nostalgische Krankheit“. Eine Person, die den Kontext nicht kennt, würde denken, dass dies die Worte von Joe Biden oder Klaus Schwab waren. Der Kampf gegen den Modernismus ist eine Krankheit?! Ich weiß nicht, ob das überhaupt eines Kommentars bedarf. Nun ja, alle Heiligen der Kirche gaben ihr Leben für den Glauben, gerade weil sie den Mut hatten, sich dem Modernismus ihrer Zeit zu widersetzen. Waren sie deswegen krank?! Und der hl. Paulus sagt:
„Passt auf, dass ihr nicht auf Weltanschauungen und Hirngespinste hereinfallt. All das haben sich Menschen ausgedacht; aber hinter ihren Gedanken stehen dunkle Mächte und nicht Christus“ (Kol 2:8).
Und am Ende fügt der Papst hinzu, dass er neuen Priestern deshalb verboten habe, ohne Sondergenehmigung (die nur vom Vatikan erteilt werden könne) die Messe nach dem alten Ritus zu zelebrieren. Und zum „glänzenden“ Ende noch eine Unterstellung gegenüber seinen Vorgängern. Der Papst behauptet nämlich, dass seine Vorgänger die lateinische Messe aus pastoralen Gründen erlaubt hätten, sie aber „ideologisch“ missbraucht worden sei, um „rückwärts zu gehen“. So hat er nun dieser „Rückständigkeit“ Einhalt geboten, die „nicht in der pastoralen Vision“ seiner Vorgänger enthalten war.
Papst Benedikt XVI. betonte jedoch oft, dass das, was früheren Generationen heilig war, nicht plötzlich zu etwas Schlechtem werden könne. Deshalb versuchte er, „die altertümliche Form vor allem zugänglicher zu machen, um die tiefe und ungebrochene Verbindung zu bewahren, die in der Geschichte der Kirche besteht. Wir können nicht sagen: Früher war es schlecht, aber jetzt ist es gut. Tatsächlich kann in einer Gemeinschaft, in der das Gebet und die Eucharistie an erster Stelle stehen, das, was als das Allerheiligste galt, nicht als völlig falsch angesehen werden. Es ging um die Versöhnung mit der Vergangenheit, um die innere Kontinuität des Glaubens und Gebets in der Kirche“. Darüber hinaus sagte sein persönlicher Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein, in einem Interview mit der Tagespost aus, dass das Motuproprio Traditionis custodes von Papst Franziskus, das die lateinische Messe stark einschränkt, Papst Benedikt XVI. das Herz gebrochen habe. In seinem Motuproprio Summorum pontificum erklärte Papst Benedikt XVI. dass das, was immer heilig war, nicht abgeschafft werden kann: „Deshalb ist es zulässig, das Messopfer gemäß der typischen Ausgabe des Römischen Messbuchs zu feiern, die vom seligen Johannes XXIII. in 1962 veröffentlicht wurde und nie abgeschafft wurde, als außergewöhnliche Form der kirchlichen Liturgie“.
Abschließend können wir nur mit Bedauern feststellen, dass wir zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche einen Papst haben, der sich offen auf die gefährlichen Gewässer der Hermeneutik des Bruchs begibt und dabei einerseits versucht, alle möglichen ketzerischen Sekten zu umarmen und zu sammeln und ihnen zu schmeicheln, aber gleichzeitig die treuesten Söhne der Kirche ablehnt und einen ideologischen Krieg beginnt, der leicht in einem Schisma enden kann.
*Ivan Poljaković, geboren 1956 in Subotica, studierte Anglistik und Germanistik an den Universitäten Innsbruck, Cambridge, Zagreb, Rostock und Auckland, wo er mehrere Jahre lebte und an einer katholischen Schule unterrichtete, ist ausgebildeter Religionslehrer und war bis 2021 Assistenzprofessor und Leiter des Fremdsprachenzentrums an der Universität Zadar.
„Franziskus, geh hin und stell mein Haus wieder her, das, wie Du siehst, ganz verfallen ist!“ Diese Worte sind mit einer bekannten Begebenheit im Leben des heiligen Franziskus von Assisi verbunden, den der gegenwärtige Heilige Vater bei der Wahl seines Papstnamens bekanntlich als Namensgeber für sich in Anspruch genommen hat. Wir wissen, dass sie in der Ruine des Kirchleins von San Damiano verortet sind und dass der Heilige sie ziemlich am Beginn seines Bekehrungsweges von jener kreuzesförmigen Christusikone her vernahm, die den Besucher von Assisi heute auf Schritt und Tritt, in allen erdenklichen Größen und Qualitäten nachgebildet, aus den Devotionalienläden für Pilger anblickt und ihm als touristisches Mitbringsel oder frommes Andenken offeriert wird. Das Original befindet sich heute in der Basilika, die der heiligen Klara von Assisi geweiht ist.
Franziskus nahm den Auftrag zunächst ganz wörtlich und beschaffte Steine, um mit eigenen Händen die dem Verfall preisgegebene Kapelle auszubessern und wieder herzurichten. Eine weitere Episode schildert ähnlich den Traum des Papstes Innozenz III., der in Franziskus die Gestalt des Ordensmannes wiedererkannte, der ihm kurz zuvor in einem Traumgesicht erschienen war, wie er die Lateranbasilika, die Bischofskirche des Papstes, stützt und vor dem Einsturz bewahrt. Der Spannungsbogen, hier: das unscheinbare Kirchlein von San Damiano – dort: die Mutter und das Haupt aller Kirchen der Stadt [Rom] und des Erdkreises, zeigt eindrücklich die Spannweite der Sendung des heiligen Franziskus an, die Kirche von Rom als Institution in der Reinheit ihrer Anfänge und Stiftung durch Christus wiederherzustellen.
Zwei Neuerscheinungen zugunsten der überlieferten Römischen Messe ergänzen einander kurz nacheinander
Weiterhin ist bekannt, wie der heilige Franziskus für sich und die Brüder, die sich ihm anschlossen, den Ritus der päpstlichen Kurie erbat und wie sich mit der schnellen Ausbreitung des neuen Ordens dieser Ritus über Rom hinaus rasant verbreitete. Zugleich kam es dabei zu einer Aneignung des Ritus der päpstlichen Kurie durch die Brüder, die wiederum auf die Praxis der Päpste in Rom zurückwirkte. Maßgeblich auf diesem Wege entstand derjenige Römische Ritus, der Ausgangspunkt, Grundlage und Muster des Messritus bildete, den man mit der Liturgiereform im Anschluss an das Konzil von Trient assoziiert. Diesen Prozess hat Uwe Michael Lang in seinem bemerkenswerten Buch The Roman Mass anschaulich aufgezeigt. Langs Buch erschien Ende September 2022, und ich habe es in einer zweiteiligen Rezension ausführlichst vorgestellt. Wenige Tage später, am 4. Oktober 2022, ist von Peter A. Kwasniewski jenes Buch erschienen, auf das ich heute aufmerksam machen möchte, The Once and Future Roman Rite. Beide Bücher (und Autoren) sind sehr unterschiedlich und ergänzen sich dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, vorzüglich. Als Rezensent ist mir vollkommen bewusst, dass der exakte Erscheinungstermin eines Werkes kaum jemals präzise vorhergesehen oder gar absichtsvoll geplant werden kann, und dennoch wirkt es auf mich wie von der Vorsehung gefügt, dass Kwasniewskis Buch am Fest des heiligen Franziskus von Assisi vom angesehenen traditionsorientiert-katholischen US-amerikanischen Verlag TAN Books auf den Buchmarkt gebracht worden ist.
Die schon geschilderten Szenen, wie Franziskus die Kirche aus Verfall und Niedergang wieder aufrichtet beziehungsweise, wie er sie davor bewahrt, einzustürzen, lassen sich auch liturgisch verstehen, denn die Kirche und das Gotteshaus sind auf Erden ja nicht nur bloße Rechtsgestalt oder Bauwerk, sondern der privilegierte Ort von Kult und Liturgie und die Gemeinschaft, in der beide sich vollziehen. Hinzu kommt bei Franziskus von Assisi wie gesagt, dass er ganz bewusst für sich und die Brüder um ihn die Anerkennung durch und die Anbindung an den Papst und den Römischen Stuhl gesucht hat, um nicht mit den unübersichtlichen, nicht selten unkirchlichen und im Bekenntnis des Glaubens abwegigen Verzweigungen der Armutsbewegung seiner Tage verwechselt oder in einen Topf geworfen zu werden.
Im Gottesdienst kommt dies zum Ausdruck, indem die Regula bullata die Kleriker der Minderbrüder auf „die Ordnung der heiligen Kirche von Rom“7 festlegt, die Regel also, die Honorius III. am 29. November 1223 durch eine Bulle bestätigt hat, woher ihr Name rührt, der sie zugleich von einer früheren Fassung8, die 1221 abgeschlossen und nicht anerkannt wurde, zu unterscheiden hilft. Freilich wissen wir auch, dass der damalige Ritus der Päpste bereits in seiner Heimatdiözese Assisi üblich war, als der heilige Franziskus für sich darum ansuchte9, so dass auch sehr pragmatische Gründe für diese Bitte eine Rolle gespielt haben werden.
In einer Zeit, in der ausnahmslos alle Päpste seit 1969 niemals die Messe in ihrer gewachsenen und überlieferten Römischen Gestalt gefeiert haben und mehr noch, seitdem ein Papst, der sich Franziskus nennt, dieser überlieferten Römischen Liturgie mit Traditionis Custodes rundweg abspricht, überhaupt noch Ausdruck des Römischen Ritus zu sein, gewinnt die Wahl des heiligen Franziskus von Assisi zugunsten dieses Ritus eine neue, aktuelle Tragweite hinzu, die sie vergleichbar womöglich nicht mehr gehabt hat, nachdem sie so einflussreich für die Verbreitung des historisch authentischen Römischen Ritus und so vorbereitend und prägend gewesen ist für die Ausgestaltung, die er zunächst in der Praxis der Päpste selbst10 und schließlich im Missale Romanum des Konzils von Trient ab 1570 mit grundsätzlich weltweiter Geltung angenommen hat.
Ein in seiner Originalität wertvolles Geleitwort Martin Mosebachs
Martin Mosebach, auf den Kwasniewski sich im Verlaufe seiner Darlegungen öfters und meistens anerkennend oder zustimmend bezieht, hat zu dem Buch ein Geleitwort beigesteuert, das sich wenig überraschend durch den bisweilen freien Umgang des Literaten mit historischen Fakten auszeichnet, etwa wenn Mosebach die Behauptung aufstellt, die zwölf romanischen Hauptkirchen Kölns, der Heimatstadt seiner Mutter, auf deren Einfluss er die rheinische Prägung seines Katholizismus zurückführt, besäßen „sämtlich den Rang von Kathedralen“, während man richtigerweise sagen kann, dass sie alle den architektonischen Typus einer Basilika miteinander teilen. Doch als Zeitzeugnis eines Mannes, der in der Zeit der Indulte durch die und in der Alten Messe zur Glaubenspraxis zurückgeführt worden war, von der er sich in der Abbruchstimmung der 1968er-Bewegung entfernt und gerade wegen der vermeintlichen Reform Pauls VI. entfremdet hatte, sind Mosebachs Zeilen wirklich ein inhaltlicher Gewinn für das Buch und aufgefrischt von unverkennbar rheinisch-katholischer Selbstironie, wenn er von sich als von einem „Weihwasserfrosch“ spricht, zu dem er wohl oder übel habe werden müssen, um zu helfen, die überlieferte Römische Liturgie in der hässlichen Frankfurter Hotelkapelle, in der die Indultmesse in den 1980er Jahren gefeiert worden war, wieder aufleben zu lassen. Weihwasserfrösche nannte man in Köln „die ältlichen Junggesellen, die sich in der Sakristei herumdrückten“. Dieser Humor ist nützlich in einer Lage, in der die überlieferte Liturgie wieder ganz zurückgedrängt und in der vollendeten Vergangenheit abgeschlossen, selbst der Erinnerung entrissen werden soll, denn ohne solch heiteren Abstand könnte mancher womöglich wirklich resignieren oder in gelähmte Niedergeschlagenheit verfallen. Da er verheiratet und Familienvater ist, erfüllt Kwasniewski nicht ganz die Definition eines Kölschen Weihwasserfrosches, aber dennoch stellt man erfreut und nicht nur zwischen den Zeilen immer wieder Sinn für Humor fest, wie könnte es anders sein, angesichts seiner Tatkraft und sprudelnden Produktivität, wovon The Once and Future Roman Rite nur das jüngste Ergebnis und Beispiel ist.
Nominalismus als Grundproblem
Seiner eigenen Vorrede zu seinem Buch stellt Kwasniewski ein Motto voran, das stark an Spr 9, 10 und stärker noch an Ps 110, 10 erinnert, dabei indes ein Ausspruch von Konfuzius ist: „Der Anfang der Weisheit ist es, die Dinge bei ihrem richtigen Namen zu nennen“. Der Ritus oder das Messbuch Pauls VI. werden nicht römisch, indem der Montini-Papst sie 1969 so genannt hat, und die echte, gewachsene und überlieferte Römische Messe und Liturgie insgesamt, hört nicht auf, Römischer Ritus zu sein, bloß weil ein Papst, der sich ausgerechnet auch noch nach Franziskus von Assisi benennt und sich im oberflächlichen Image mit der Beliebtheit dieses Heiligen schmücken will, verfügt, der Novus Ordo Missae und die nachkonziliaren liturgischen Bücher seien ab sofort alleiniger Ausdruck des Römischen Ritus. Die neue liturgische Ordnung enthält zwar noch Spuren und Bruchstücke, deren Ursprung in der Tradition der Römischen Liturgie liegt. Sie sind aber so vereinzelt und künstlich zusammengestellt, dass sie durch ihr bloßes Vorhandensein, dem man in der liturgischen Praxis überdies leicht ausweichen und es umgehen kann, diese römische Tradition nicht fortsetzen. Das ändert sich auch nicht durch ein autoritäres Machtwort des regierenden Papstes. Analog gesprochen kann Franziskus etwas, was in seinem Kern und Wesen nicht römisch ist, durch ein solches Machtwort nicht zum Römischen hin wandeln, quasi wie es in der eucharistischen Konsekration die Wandlungsworte über Brot und Wein bewirken.
Vorgeschichte und Entstehung von The Once and Future Roman Rite
Der Leser erfährt, dass der Kernbestand von The Once and Future Roman Rite auf Vortragstätigkeit und Onlinepublikationen Kwasniewskis basiert, die im Jahre 2019 aus der Auseinandersetzung des Autors mit den fünfzigsten Jahrestagen von Einführung und Inkrafttreten des Novus Ordo Missae 1969 erwachsen waren. Wer Kwasniewski kennt, der weiß, dass eigentlich alle seine Buchveröffentlichungen eine solche oder sehr ähnliche Genese haben. Im vorliegenden Falle hat er jedoch die einzelnen Texte, die nunmehr die Kapitel des neuen Buches bilden, gründlich inhaltlich überarbeitet und vertieft, so dass keiner zu befürchten braucht, er kenne die entwickelten Gedankengänge und Argumentationslinien ohnehin schon. Außerdem gewinnen sie durch Aufbau und Anordnung im Buch eine neue, innere Kohärenz und zusätzliche Überzeugungskraft. Auch ist es nicht so, dass alle Kapitel in Vorstufen oder früheren Versionen bereits bekannt wären. So ist das 1. Kapitel, das über Tradition als ultimative Norm in der Liturgie handelt, grundlegend im Sinne eines echten Fundaments für die weitere Argumentation und wurde eigens für das neue Buch ausgearbeitet, in dem die vorgetragenen, prinzipiellen Überlegungen Kwasniewskis zum Thema systematisiert und zusammenhängend erstmals zur Diskussion gestellt werden.
Eine Grundeinsicht, zu der Kwasniewski in diesem Eingangskapitel seine Leser bereits hinlenkt, entfaltet er in Erwiderung auf einen häufig zu hörenden Einwand: „Erwägen wir die folgende Aussage: ‚Alles, was in der Messe zählt, ist, dass Jesus anwesend ist; alles andere ist zweitrangig.‘ Oder noch lakonischer: ‚Messe ist Messe.‘ Unzweifelhaft ist es eine wichtige Angelegenheit, dass Jesus gegenwärtig ist, weil wir andernfalls lediglich gewöhnliche Nahrung äßen. Aber die Liturgie hat eine weiter gefasste Zielsetzung, als uns ein Essen vorzusetzen, und selbst die Gegenwart Unseres Herrn hat eine größere Reichweite und Ausrichtung, als uns die sakramentale Kommunion zu ermöglichen. Die Messe ist der feierliche, öffentliche und formelle Akt der Anbetung, Danksagung und Bitte, den Christus als Ewiger Hoherpriester dem Vater darbringt und sein gesamter Mystischer Leib in Einheit mit ihm. Die Messe ist der vorzüglichste Akt, die Tugend der Gottesverehrung zu üben, indem wir Gott ein Opfer des Lobes darbringen, das seiner Herrlichkeit würdig ist. In ihr bricht das Himmelreich irdisch in Zeit und Raum ein. Sie ist das Hochzeitsfest des Königs der Könige. Sie ist die Wiederherstellung des gesamten geschaffenen Universums in seinem Alpha und Omega. Weil die Messe all dies ist, hat die Kirche seit alters und alle Zeiten hindurch keine Kosten und Mühen gescheut, die Feierlichkeit ihrer liturgischen Riten zu steigern und deren Schönheit zu vermehren. Wie Johannes Paul II. es richtig gesagt hat: ‚Wie die Frau, die Jesus in Bethanien salbte, hat die Kirche keine Angst, verschwenderisch zu sein, wenn sie die besten Mittel einsetzt, um ihr anbetendes Staunen über das unermessliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringen.‘ Während es also wahr sein mag, dass die einzig notwendigen Dinge für eine gültige Messe im Römischen Ritus Weizenbrot, Wein von Trauben, ein Priester und die Konsekrationsworte sind, würde es eine eingeschränkte, minimalistische und spärliche Sicht der Dinge verraten, sie als hinreichend zu betrachten. Gott zu verherrlichen und unsere Seelen zu heiligen, kann nicht von der Angemessenheit des Gottesdienstes getrennt werden, in dem wir vor Gott hintreten.“
Die Kapitel werden oft abgeschlossen von der Wiedergabe historischer Kupferstiche, die zumeist eine Szene aus der traditionellen Messliturgie zeigen und die zusammen einen echten Schmuck für das Buch darstellen. Durchschnittlich zwei oder drei prägnante Zitate unterschiedlicher Persönlichkeiten, mitunter auch Bibelverse, die teils in aphoristischer Kürze wesentliche Ergebnisse und Anliegen der Kapitel vorwegnehmen, werden diesen jeweils vorangestellt.
Der Franziskanerorden bereitet dem römisch-tridentinischen Messritus den Weg
Eines der drei Zitate, die die Aussage des 1. Kapitels vorweg schon einmal bündeln, stammt zum Beispiel vom 1403 verstorbenen Zisterzienser Radulph von Rivo und lautet auszugsweise: „Mit diesen ‚profanen Neuerungen in Worten‘ beziehen wir uns auf neue Gesänge, neue Erzählungen, neue Lesungen und Orationen und auf dergleichen weitere Neuheiten, die nicht Teil des Gottesdienstes unserer Vorväter gewesen sind […] Ohne Grund sollten keine Neuerungen eingeführt werden, denn die Veränderung ist gefahrvoll, und ihr wird zu Recht angelastet, die Tür für [weitere] Neuerungen aufzutun.“ Wer auch schon Uwe Michael Langs Buch The Roman Mass gelesen hat, der wird in Radulph denjenigen Protagonisten wiedererkennen, der es mit Missbilligung quittiert hatte, dass Papst Nikolaus III. die neuen liturgischen Bücher, einschließlich des Messbuchs der Franziskaner, an der Römischen Kurie übernommen und ihre Verwendung den Kirchen der Stadt Rom verpflichtend auferlegt hatte, die andernfalls ihre liturgischen Eigenbräuche und ‑observanzen hätten bewahren können. Kwasniewski führt hier also jemanden als Kronzeugen seiner eigenen Überzeugung an, der die Entwicklungsstufe, die die Übernahme des Römischen Ritus durch den damals neuen und ziemlich neuartigen Franziskanerorden bewirkt und die dann auch auf die liturgische Praxis der Päpste zurückgestrahlt hatte, ganz entschieden kritisiert. Dieser Einfluss war aber ausgesprochen maßgeblich für jene Gestalt der Römischen Messe, die Papst Pius V. im Anschluss an das Konzil von Trient kodifiziert hat und für deren Recht und Verteidigung Kwasniewski in The Once and Future Roman Rite derart engagiert und begeisternd in die Bresche springt. Und er kann dies auch tun, denn wenn wir uns zurückerinnern, wie Franziskus das dem Verfall preisgegebene Kirchlein von San Damiano wieder aufbaut, dann schildert Thomas von Celano diesen Einsatz folgendermaßen: „Das erste Werk, das der selige Franziskus in Angriff nimmt, nachdem er die Befreiung aus der Hand seines leiblichen Vaters erlangt hat, ist, dass er Gott ein Haus baut. Er will es nicht neu aufbauen, sondern das altbrüchige richtet er wieder her, das altehrwürdige bessert er aus. Das Fundament reißt er nicht heraus, sondern baut auf ihm weiter. […] Als er nun zu dem Ort, wo wie gesagt die Kirche San Damiano vor langer Zeit erbaut worden war, zurückkehrte, stellte er sie mit dem Beistand der Gnade des Allerhöchsten in kurzer Zeit mit großem Eifer wieder her.“ Ganz ähnlich wie die Vorgehensweise des heiligen Franziskus beim Wiederaufbau einer Kirchenruine ist der Beitrag, den Kwasniewski mit seinem Buche leistet, und übereinstimmend sind die Prinzipien, die ihn bei der Rückgewinnung des authentisch überlieferten Römischen Ritus leiten sowie die Grundlagen und Voraussetzungen, die er damit für eine künftige Aufbauarbeit an der traditionellen Römischen Liturgie schafft.
Überlieferte Liturgie in Ost- und Westkirche
Was im 10. Kapitel folgt, ist der Blick auf eine Kirche, die, „mit zwei Lungenflügeln atmet“, ein Bild, mit dem Johannes Paul II. gerne und wiederholt das Zueinander von Ost- und Westkirche umschrieben hat. Jetzt geht es Kwasniewski darum, aufzuzeigen, wie die überlieferten Liturgien in Ost und West bei aller Unterschiedlichkeit in der Mentalität auf je eigene Weise eine Reihe von Qualitäten oder Merkmalen aufweisen, man könnte auch von Strukturprinzipien sprechen, die – vereinfacht ausgedrückt – dem byzantinischen und dem tridentinischen Ritus gemeinsam sind. Kwasniewski identifiziert zehn solcher Prinzipien, von denen hier nur das erste genannt und mit einem Zitat angeführt werden soll, das Prinzip der Tradition, weil wir so einerseits die Dynamik im Aufbau des Buches deutlicher spüren, dessen 1. Kapitel ja nicht ohne Grund der Normativität der Tradition für die Liturgie gegolten hat. Andererseits können wir an dem folgenden Zitat bereits ablesen, worauf Kwasniewski im 10. Kapitel abzielt, was sozusagen die Pointe ist: „Beide, die Byzantinische und die traditionelle Römische Liturgie sind das Resultat einer organischen Entfaltung eines alten apostolischen Kerns, das Jahrhunderte lebendigen Glaubens hindurch weitergegeben worden ist; trotz der Zuschreibung dieser oder jener Liturgie an bekannte Heilige wie den heiligen Johannes Chrysostomos, Basilius oder Gregor ist der Ritus an sich das anonyme Werk vieler heiliger Männer, von denen die meisten unbekannt sind. Keine Liturgie des Ostens und keine klassische im Westen ist von einem Arbeitskreis hervorgebracht worden, in dem eine Avantgarde von Experten zusammentritt, die den Kontakt zu den Leuten verloren haben und gefesselt sind von modischen Hypothesen und Theorien, die längst in sich zusammengebrochen sind. […] Es ist nicht der Fall, dass eine Liturgie gut ist, weil die Autorität der Kirche sie für gut hält; eher [verhält es sich so, dass sie gut ist, Anm. C. V. O.] weil die Kirche darum weiß, dass es eine Liturgie ist, die sie empfangen hat.“ Für sämtliche weiteren Prinzipien, die der Autor im 10. Kapitel darlegt, weist er entsprechend nach, wie die jeweiligen Qualitätsmerkmale die überlieferten Riten in Ost und West ausmachen und diese Riten gleichsam miteinander verwandtschaftlich verbinden, wohingegen die entsprechenden Charakteristika im Novus Ordo Missae (als pars pro toto der gesamten Liturgiereform Pauls VI.) fehlen oder im günstigeren Falle verkümmert vorkommen. Byzantinischer und tridentinischer Ritus sind einander Brüder; der montinianische Ritus steht als Fremdling abseits.
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2 Makk 8,22 An die Spitze der einzelnen Gruppen stellte er seine Brüder Simeon, Josef und Jonatan, denen er je fünfzehnhundert Mann zuwies,
2 Makk 8,23 und außerdem den Eleasar. Er selbst las aus der Heiligen Schrift vor und gab die Losung aus: Mit Gottes Hilfe! Dann trat er vor die erste Reihe und griff Nikanor an.