Zwei Wochen vor Beginn der ersten Session der Synodalitätssynode wurden in der Neuen Zürcher Zeitung „Wünsche“ und Forderungen laut. Msgr. Felix Gmür, der Bischof von Basel und Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, räumte gefällig „Fehler“ im Umgang mit sexuellen Mißbrauchsfällen in der Kirche ein und forderte die Abschaffung des priesterlichen Zölibats und die Einführung des Frauenpriestertums. Offen, überzeugt und ungeniert.
Gmür erklärte in einem Interview mit der gestrigen Sonntagsausgabe der Neuen Zürcher Zeitung, daß die Kirche seit langem im Kampf gegen den sexuellen Mißbrauch Minderjähriger aktiv sei. Der Bischof nannte dabei die Dinge aber nicht beim Namen. Unerwähnt blieb vor allem die Homosexualität, obwohl mindestens 80 Prozent aller Mißbrauchsfälle auf homosexuelle Päderasten zurückgehen. Dieser von Kritikern seit Jahren beklagte Mangel an Ehrlichkeit in der Mißbrauchsaufarbeitung macht die behauptete Bekämpfung des Mißbrauchsskandals unglaubwürdig. Gmürs Äußerung entspricht der Linie anderer Bischofskonferenzen wie jener der Bundesrepublik Deutschland oder Belgiens und folgt der programmatischen Vorgabe von Papst Franziskus. Die unter seinem Pontifikat betriebene „Öffnung“ gegenüber der Homosexualität verträgt sich schwerlich mit dem dunklen Fleck des massenhaften homosexuellen Mißbrauchs Minderjähriger.
Da hilft keine „externe Kontrolle“ der Kirche bei der Aufklärung von Mißbrauchsfällen und auch keine Schaffung eines vom Kirchenrecht nicht gedeckten „kirchlichen Gerichtshofs für disziplinarische und strafrechtliche Fälle“ in der Schweiz.
Gmür lobt sich trotz der demonstrativen Blindheit und exekutierten Ablenkung dennoch selbst, wenn er in der Wir-Form erklärt, man habe „gerade im Zusammenhang mit dieser Mißbrauchsdebatte wirkungsvolle Reformschritte“ gemacht.
Der Basler Bischof ließ sich vielmehr vom NZZ-Interviewer, der sich zum Mißbrauchsskandal ausbreitete, ohne jemals den homosexuellen Zusammenhang zu erwähnen, frech vorhalten, ob die Mißbrauchsfälle nicht „ein Symptom einer verkorksten Sexualmoral“ seien, „die weder Homosexualität anerkennt noch die Wiederheirat und von den Priestern den Zölibat verlangt“. Das ist nicht mehr Auslassung, sondern bedeutet, die Dinge auf den Kopf zu stellen. Gmür störte das nicht, denn er antwortete mit dem Verweis auf eine „Studie“, die „nun anläuft“.
Die Kirche braucht eine Studie, um ihre Sexualmoral zu überprüfen und einen möglichen Zusammenhang zwischen dieser und sexuellen Mißbrauchsfällen zu klären? Das ist allerdings abgründig angesichts des großen Bogens, den die Bischöfe und die Mainstreammedien um die Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen Mißbrauchsfällen und Homosexualität machen.
Die defizitäre programmatische Vorgabe durch Papst Franziskus offenbart eine Prioritätensetzung: Die gegen die Heilige Schrift und gegen die kirchliche Glaubens- und Morallehre betriebene Anerkennung der Homosexualität hat Vorrang vor der Bekämpfung des sexuellen Mißbrauchsskandals.
Gmür legte dann in seinem NZZ-Interview eine Forderungsliste für die Synodalitätssynode vor. Die herrschenden Verhältnisse müßten in Frage gestellt werden, so der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz. Die Zeit sei „reif“ für die Abschaffung des priesterlichen Zölibats und die Zulassung von Frauen zum Priestertum.
Diese Forderungen stehen seit bald 60 Jahren auf dem Programm der kirchlichen 68er. Zuletzt war ein Vorstoß zu ihrer Umsetzung mit der Amazonassynode 2019 versucht worden. Am Ende schreckte Papst Franziskus vor dem zu erwartenden Konflikt zurück. Er mag keine öffentlichen Konfrontationen. Seine Ziele versucht er im Verborgenen, fließend und geschmeidig zu erreichen, bevorzugt so, daß mögliche Gegenspieler es erst bemerken, wenn es zu spät ist. Das Ziel der Zölibatsaufweichung blieb jedoch auf der Tagesordnung.
Gmür begründete seine Forderungen damit, daß die Macht in der Kirche „besser verteilt“ werden müsse. Er werde sich in Rom dafür einsetzen, daß die Kirche dezentralisiert wird. Der Basler Bischof spricht nicht über die notwendige geistliche Erneuerung, sondern – ein Wesensmerkmal progressiver Kirchenpositionen – über strukturelle Reformen.
Gmür bietet auch eine originelle Begründung für seine Forderung der Zölibatsabschaffung. Zölibat bedeute, so der Bischof, für Gott „verfügbar“ zu sein.
„Ich glaube aber, dass dieses Zeichen von der Gesellschaft heute nicht mehr verstanden wird. […] Wenn ein Zeichen nicht mehr verstanden wird, muss man es hinterfragen. Das ist für mich sonnenklar. Die Zeit reif, die Zölibatspflicht abzuschaffen. Ich habe überhaupt kein Problem damit, mir verheiratete Priester vorzustellen.“
Ob mit einer Frau, einem Mann oder Transgender, sagte der Bischof nicht. Das ist dann wahrscheinlich Thema der übernächsten Synode.
Interviewer und Bischof spielten sich den Anti-Diskriminierungsball zu: Auch der „Ausschluß“ von Frauen von der Priesterweihe solle fallen. In der Kirche solle „absolute Gleichberechtigung“ herrschen. „Das finde ich auch“, so Gmür.
„Ich bin für die Frauenordination, sie wird auch Thema an der Synode sein, die demnächst in Rom stattfindet. Die Unterordnung der Frauen in der katholischen Kirche ist für mich unverständlich. Es braucht Veränderungen.“
Entsprechend bedient sich der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, ganz politisch korrekt, des Gender-Sprechs.
Auch beim Konkubinats-Verbot für kirchliche Angestellte sei die Kirche laut Gmür „noch nicht dort, wo wir sein müssten“. Der Basler Bischof lobte den neuen Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain, der jenem Teil des Opus Dei entstammt, der Franziskus gefällt – falls ihm von diesem Werk Gottes überhaupt etwas gefällt. Msgr. Bonnemain erteilte für sein Bistum die Anweisung, daß Vorgesetzte, woran der NZZ-Interviewer erinnert, überhaupt „keine Fragen zum Intimleben der Angestellten stellen dürfen“. Dazu Gmür: „Dieser Meinung bin ich auch.“
Die ultimative Ausführung im Gefälligkeits-Ping-Pong folgt sogleich:
NZZ: Ich verspüre eine Zerrissenheit: Sie würden gerne viel liberaler agieren, als Rom Ihnen erlaubt.
Gmür: Ja.
Konkret werde er sich „in Rom dafür starkmachen, dass sich die Kirche dezentralisiert. Davon spricht der Papst zwar immer, doch bis jetzt habe ich wenig davon gemerkt. Wir brauchen auch eine neue Sexualmoral und die Möglichkeit, unsere Regelungen regional zu treffen. Es ist ein Akt der Inkulturation, der wichtig ist für die Kirche“.
Womit auch der Unterstützung der Vielweiberei im Islam nichts mehr im Wege stünde, und als nächstem Inkulturations-Schritt im Zuge der Islamisierung Europas auch nicht mehr generell, was NZZ und Bischof Gmür im Interview natürlich nicht thematisierten.
Angesichts solcher ideologisch gefärbter Ansichten fällt es Bischof Gmür auch nicht schwer, das Fehlen von Gerechtigkeit und Schutz der Schöpfung dafür verantwortlich zu machen, daß „wir nun Klimawandel und Migrationsströme haben“.
So endet auch das Interview mit der bedeutendsten, aber kirchenfernen Tageszeitung des deutschen Sprachraums mit einem letzten gefälligen Zuspiel zwischen Interviewer und Interviewtem.
NZZ: Das ist vielleicht das Dilemma: In gewissen Bereichen ist die katholische Kirche ideell progressiv, strukturell und moralisch hingegen ist sie stockkonservativ. So spricht sie die jungen Leute heute nicht mehr an.
Gmür: Ja, das ist wirklich schlimm.
Bei der ganzen Geschäftigkeit um horizontale Themen und strukturelle Fragen findet sich im gesamten Interview nicht die Spur einer vertikalen Dimension, kein Hinweis auf Jesus, auf Gott, auf den Glauben, auf einen übernatürlichen Aspekt und eine geistliche Dimension. Die christliche Sicht der Dinge wird mit der Dampfwalze aus Mainstream und politischer Korrektheit plattgewalzt.
Quelle: katholisches. info