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Mittwochskolumne vom 03.08.2022

Nationalfeiertag

Bern (novaradio.ch): Am letzten Montag feierten wir den Nationalfeiertag. Ich war in der Heiligen Messe und habe mich darüber gefreut, dass wir in unserer Bundesverfassung, in unserer Hymne sowie in unserer Landesfahne einen Gottesbezug haben. Auf der anderen Seite war aber auch eine Trauer da, dass dieser Gottesbezug im Alltag so eine geringe Rolle in der Schweiz spielt. Die Kirchen in der Deutschschweiz sind sehr leer und das Wissen rund um den Glauben ist sehr gering. Viele Menschen glauben, dass dies mit dem Wohlstand zu tun hat. Ich teile diese Auffassung jedoch nicht. Auch andere Länder sind wohlhabend und trotzdem sind dort mehr Menschen religiös aktiv als in der Schweiz. Auch ist es nicht so, dass in der Schweiz ein Zusammenhang bestünde zwischen der Armut und der religiösen Partizipation. Es ist auffallend, dass gerade die Generationen, die nach der Hochkonjunktur-Phase der 50er und 60er Jahre geboren sind, noch viel distanzierter gegenüber der Kirche sind. Wenn man sich anschaut, wer jetzt noch in den normalen Pfarreien in der Kirche aktiv ist, dann sind dies eher gutbürgerliche Menschen, die keiner finanziellen Unsicherheit ausgesetzt sind. Die ganzen Diskussionen darüber, dass die Menschen nur dann gläubig sind, wenn sie arm sind, sind verfehlt. Wenn wir heute in einem der säkularsten Länder der Welt leben, wenn nicht sogar dem säkularsten, dann ist dies nicht auf äussere, sondern auf innere Faktoren zurückzuführen, die im Menschen zu suchen sind. Leider haben sich viele Menschen in der Schweiz von Gott entfremdet. Ich glaube, dies hängt damit zusammen, dass bereits sehr früh die wirkliche Beziehung zu Gott zweitrangig wurde und der Glaube oft nur kulturelle Zwecke hatte. Nichts schadet dem wahren Glauben so sehr, wie wenn er nur als Übung praktiziert wird, ohne dass das innere Feuer der Überzeugung da ist. Ich selber merke auch immer wieder, wie oft ich gedanken- und leider auch herzlos bete, ohne dass mich das innere Feuer packt. Jeder Katholik muss sich vor dieser Gewohnheit hüten.

Wir müssen von den Fehlern der früheren Generationen lernen. Vieles wurde in den letzten Jahrzehnten in der Schweizer Kirche falsch gemacht. Es gab aber auch sehr viele gute Menschen in dieser Kirche, welche die Saat für einen Neuanfang gelegt haben. Orientieren wir uns daran. Unsere Hymne, unsere Verfassung und unsere Fahne machen uns nicht zu Christen. Es ist unsere Nächstenliebe im Alltag und unsere tiefe Beziehung zu Gott. DR