Heilige: Hl. Thomas

Der Apostel Thomas († der Überlieferung nach in Mailapur, einem Bezirk der indischen Stadt Madras, dem heutigen Chennai, um 72) ist einer der zwölf Apostel bzw. Jünger, die Jesus drei Jahre lang als Freunde und Schüler begleiteten (vgl. Joh 15,15 EU). Der Name Thomas leitet sich ab aus dem aramäischen ta’am, was „gepaart“ oder „Zwilling“ bedeutet. Deshalb wird Thomas in der Bibel auch Didymos (altgriechisch δίδυμος didymos) genannt. In der syrischen Tradition erscheint er als Judas Thomas, da Thomas dort als Beiname verstanden wird.

In der katholischen, der orthodoxen und der anglikanischen Kirche wird der Apostel Thomas als Heiliger und Märtyrer verehrt; auch die evangelischen Kirchen erinnern an ihn.

Auftreten in der Bibel

Thomas wird in allen vier im Neuen Testament zusammengestellten Listen der Apostel erwähnt. In den ersten drei Evangelien steht er neben Matthäus dem Zöllner (Mt 10,3; Mk 3,18; Lk 6,15). In der Apostelgeschichte ist er neben Philippus zu finden (Apg 1.1 3). Vor allem das vierte Evangelium bietet einige Angaben, die Züge seiner Persönlichkeit nachzeichnen.

Thomas als Zweifler

Zunächst wird an Thomas, auf der Grundlage seiner persönlichen Beziehung zu Jesus, der Weg zum bekennenden Glauben an den Sohn Gottes veranschaulicht. Im Johannesevangelium heißt es (Joh 20,19–29 EU):

„Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“

Auf diese Perikope geht die pejorativ verwendete Bezeichnung „ungläubiger Thomas“ zurück, weil dieser an der Auferstehung Jesu zunächst zweifelte, bis er selbst die Wundmale des Auferstandenen sah.

Thomas zweifelt an Marias Himmelfahrt

Der Legende nach war Thomas auch der einzige Apostel, der bei der Himmelfahrt Marias nicht zugegen war. Er zweifelte an dem Ereignis wie schon an der Auferstehung Jesu. Deshalb erschien Maria dem Zweifler und reichte ihm ihren Gürtel, als Beweis für die leibliche Aufnahme in den Himmel. Im Barock war die Gürtelspende bzw. Maria mit dem heiligen Gürtel ein beliebtes Motiv der christlichen Kunst.

Überlieferungen zu seinem apostolischen Wirken

Die Didaskalia oder Apostellehre, eine frühchristliche Schrift, die etwa um das Jahr 250 entstand, enthält den ältesten schriftlichen Hinweis auf die Missionstätigkeit des Thomas in Indien. Es heißt dort, er habe in Indien und den umliegenden Gegenden die Kirche gegründet.

Erst hundert Jahre später entstanden die sogenannten Thomasakten, die die gleichen Fakten berichten, sie jedoch vielfach phantastisch ausschmücken und offenbar vom Gnostizismus beeinflusst sind.

Origenes berichtet, dass Thomas den Menschen im Irak und Iran erstmals das Evangelium verkündet habe. Er soll bis Südindien gekommen und in den 70er Jahren des 1. Jahrhunderts bei Mailapur infolge seiner Missionstätigkeit getötet worden sein.

Aus den nachfolgenden Zeiten haben sich mehr schriftliche Zeugnisse über das Wirken des hl. Thomas in Indien erhalten. Schriftliche Belege existieren von St. Hieronymus (347–420) sowie seinen Zeitgenossen St. Gaudentius von Brescia und St. Paulinus von Nola (354–431).

Der hl. Gregor von Tours (538–594) überliefert nicht nur, dass der Apostel Thomas in Indien wirkte und starb, sondern auch dass er lange Zeit dort begraben war, seine Reliquien nach Edessa überführt wurden, aber seine ursprüngliche Grabstätte weiter in Indien verehrt werde. Ähnliches teilt auch der hl. Isidor von Sevilla (560–636) mit und berichtet ebenso über Art und Weise seines Martyriums in Indien.

Unabhängig davon besteht in Südindien die beständige, aus apostolischer Zeit herrührende Tradition von der dortigen Missionstätigkeit des Apostels, der Gründung der ersten sieben Gemeinden an der Malabarküste und von seinem Märtyrertod in Mailapur an der gegenüberliegenden Koromandelküste. Auch bestätigt die lokale Überlieferung der Thomaschristen Indiens eine Überführung des größten Teils der Reliquien nach Edessa, wobei einige wenige Überreste im dortigen Grab verblieben seien, die man tatsächlich bei späteren Ausgrabungen auffand.

Ibas von Edessa ließ für seine Reliquien dort eine Kirche erbauen, der angebliche Schädel des Apostels wird in der Sioni-Kathedrale in Tiflis (Georgien) aufbewahrt und von der georgisch-orthodoxen Apostelkirche als Reliquie verehrt. Der Hauptteil der Thomasreliquien kam durch die Kreuzfahrer 1258 von Edessa nach Ortona in Italien und wird heute dort in einem Schrein in der Unterkirche des Domes San Tommaso Apostolo verwahrt. Das ursprüngliche Grab in Indien ist eine stark frequentierte Wallfahrtsstätte.

Außer der St. Thomas Basilica an der Stelle des Apostelgrabs in Mylapore (Stadtteil von Chennai) gibt es in Süd-Indien zahlreiche Wallfahrtsstätten, die sich auf den hl. Thomas und sein dortiges Missionswirken beziehen. Die berühmtesten sind:

Die Kirche auf dem St. Thomas Mount bei Chennai, der überlieferten Stätte seines Martyriums.

Die Kirche auf dem Little Mount bei Chennai, mit einer Höhle, in der sich der hl. Thomas vor seinem Martyrium versteckt haben soll.

Berg und Kirche von Malayattoor in Kerala, wohin sich der hl. Thomas längere Zeit zu Gebet und Meditation zurückgezogen habe.

Die Kirche von Kodungallur. Hier in der einstmals berühmten Hafenstadt landete St. Thomas gemäß der Überlieferung im Jahre 52 und sie ist eine der sieben Urgemeinden des Apostels. Dort wird eine Handreliquie des Heiligen aus Ortona verehrt, ein Geschenk von Papst Pius XII. zum 1900. Jahrestag der Ankunft von St. Thomas in Indien.

Die Kirche von Palayur, eine der sieben Urgemeinden an der Malabarküste, ein ehemaliger Hindutempel, den der hl. Thomas nach Bekehrung der meisten örtlichen Brahmanen in eine Kirche umgewandelt habe.

In einigen Traditionslinien, die vor allem in der Gnosis und im Manichäismus zum Ausdruck kommen, gilt Thomas als Zwillingsbruder Jesu.

Thomas ist der einzige Apostel, der über eine weitreichende außerkanonische Tradition mit eigenständigem Verfasserprofil verfügt. Das Thomasevangelium und die Thomasakten sind jedoch pseudepigraphische Schriften.

Patronate und Gedenktage

In Europa gilt er u. a. als Schutzpatron der Bau- und Zimmerleute. Mit dem Thomastag am 21. Dezember sind viele Volksbräuche verknüpft.

Römischer Generalkalender

Das Apostelfest wird seit der Liturgiereform 1970 am 3. Juli gefeiert. Dieser Tag gilt als das Datum der Überführung der Gebeine des Apostels von seinem Sterbe- und Begräbnisort Kalamina (geographisch ungeklärt) nach Edessa im 3. Jahrhundert. – Vor der Liturgiereform war der Gedenktag der 21. Dezember.

Quelle: Wikipedia

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