Mittwochskolumne: Ein guter Hirte für seine Mitmenschen sein

Bern (novaradio.ch): Die katholische Kirche feiert diesen Sonntag den Guthirtensonntag. An diesem Sonntag soll speziell auch für Berufungen gebetet werden. Da die hiesige Kirche dringend Priester und Ordensleute benötigt, möchte ich Sie alle bitten, diesem Aufruf der Kirche nachzukommen und intensiv für Berufungen zu beten. In meiner Kolumne möchte ich jedoch der allgemeinen Frage nachgehen, was einen guten Hirten auszeichnet. Natürlich verstehen wir im kirchlichen Umfeld unter dem Begriff Hirte vor allem die Aufgabe, die dem Bischof und dem Priester zukommt. Im gewöhnlichen Alltag sind aber auch wir Laien oft in der Situation, Hirten für unsere Mitmenschen sein zu müssen. In einer immer stärker orientierungslosen Welt, in der Werte oft keine Rolle spielen, ist jeder Katholik aufgefordert, für seine Mitmenschen ein guter Hirte zu sein. Als Eltern, Geschwister, Arbeitskollegen, Lehrer, Ärzte, Arbeitgeber, Freunde oder Nachbarn sind wir als Christen berufen, Salz und Licht der Erde zu sein. Wie können wir dieser Funktion als guter Hirte gerecht werden? Meiner Meinung nach ist ein guter Hirt nicht jemand, der seine Mitmenschen einengt, sie verurteilt und ihnen besserwisserisch befiehlt, nach gewissen Grundsätzen zu handeln. Dies ist kontraproduktiv und führt dazu, dass Menschen sich eher von Gott abwenden. Das bedeutet nicht, dass man nicht die christlichen Gebote benennen und vertreten darf, sondern nur, dass man sehr darauf achten muss, wie man diese an die einzelne Person heranträgt. Von oben herab lässt sich das Christentum nicht lehren. Die Tatsache, dass Christus Mensch wurde, zeigt uns, dass Gott klar war, dass der Mensch seine Gebote nur annimmt, wenn man diese einfühlsam und auf Augenhöhe lehrt. Gott kommt nicht im Erdbeben oder im Sturm, sondern im stillen und sanften Sausen. Ein guter Hirt relativiert Gottes Gebote nicht, schafft es aber, diese sanft dem Individuum beizubringen. Natürlich kann es bei gewissen hartherzigen Menschen auch manchmal nötig sein, ganz laut und entschieden aufzuzeigen, dass sie Gottes Gebote übertreten. Bei den allermeisten der heute verletzten und verirrten Menschen ist es aber nötig, mit viel Empathie vorzugehen. Der gute Hirt geht immer mit gutem Beispiel voran, so wie es Jesus getan hat. Er stellt nicht nur abstrakte Ideale auf, sondern lebt diese vor. Er verlangt von sich selbst mehr als er von seinen Mitmenschen verlangt. Streng zu sich selbst, gütig zu seinen Mitmenschen – das ist für mich der gute Hirte. Wollen wir Mitmenschen für Christus gewinnen, so müssen wir als gute Hirten bei uns selbst anfangen und mit unserem Glaubensbeispiel vorangehen. Möge Jesus – der beste aller Hirten – uns dabei immer unterstützen. DR

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