Mittwochskolumne vom 08.11.2023

Die letzten Fragen

Bern (novaradio.ch): Im November gedenken wir der Verstorbenen. Im November sollten wir uns aber auch selbst vor Augen führen, dass unser irdisches Leben einmal enden wird. Daher stehen im November die eschatologischen Fragen im Zentrum. Wir können auf all diese Fragen, welche das Woher und Wohin des menschlichen Daseins betreffen, nicht einfache Antworten geben. Es sind Fragen, die unsere Vernunft übersteigen und auf die wir nur durch unseren Glauben eine Antwort finden. Gott hat den Menschen aus Liebe geschaffen und es ist das Ziel des menschlichen Lebens, Gott zu erkennen und seine Gebote, die für den Menschen das Heil bedeuten, zu halten. Wenn unser Ziel bei Gott ist und Gott die absolute Liebe und das absolute Glück darstellt, dann nehmen wir in Kauf, hier auf Erden gewisse Leiden hinnehmen zu müssen. Was mich an der heutigen kirchlichen Diskussion stört, ist die Tatsache, dass dieses Ziel des christlichen Lebens oft aus den Augen verloren wird. Wir reden viel über kirchliche Reformen, aber wir reden selten darüber, was das Ziel des Christentums ist. Wenn wir uns vorstellen, einmal bei Gott sein zu dürfen, wirkt vieles, über was wir heute reden und streiten, nebensächlich. Wenn beispielsweise progressive Theologen fordern, dass die Kirche die Sexualmoral ändern soll, dann frage ich mich, inwiefern diese Änderung tatsächlich dem Menschen und seiner Endbestimmung – im Reiche Gottes zu sein – diesen soll. Auch frage ich mich, was es bringen soll, Frauen zu Priesterinnen zu weihen. Wird dies wirklich helfen, mehr Menschen zu Gott zu führen? Viele der Fragen, die heute diskutiert werden, werden nicht aus der Perspektive des Reiches Gottes geführt, sondern nach äusserst kleinkarierten Kriterien. Auch in unserem moralischen Leben sollte immer der Blick auf Gott sein. Viele Menschen regen sich wegen Kleinigkeiten auf und sind unversöhnlich, wenn ein Mitmensch ihnen eine Ungerechtigkeit angetan hat. Auch hier wäre es wichtig, den Blick in Richtung Ende zu werfen. Wenn wir einmal am Ende unseres Lebens sind, werden uns all diese Dinge völlig belanglos vorkommen. Diese Wut über solche Kleinigkeiten macht bereits unser jetziges irdisches Leben arm, zerstört aber auch Schritt für Schritt unsere Seele, mit der wir in die Ewigkeit gehen.

Nutzen wir den Monat November, um Rechenschaft darüber abzulegen, was uns wirklich wichtig ist. Gott ist wichtig. Natürlich bedeutet dies nicht, dass wir einfach fatalistisch unsere irdische Existenz leben sollen. Aber es bedeutet, dass wir nicht die kirchliche Lehre reformieren sollen, sondern vor allem uns selbst ändern müssen. Und es bedeutet, dass wir uns nicht über unwesentliche Dinge ärgern dürfen, sondern in der Freude des Evangeliums unser Leben gestalten sollen. Das bedeutet es, wahrer Christ zu sein. DR

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