Klartext: Ehe für alle-NEIN

GASTKOMMENTAR von lic. iur Herbert Meier

Abstimmung 26. September 2021 – Ehe für alle – Nein

Mit einer aufwendigen Kampagne, bei der sich vor allem auch die grössten Medien der Schweiz ins Zeug legen, versucht man gegenwärtig, dem Volk die Abstimmungsvorlage «Ehe für alle» schmackhaft zu machen. Der Bundesrat begründet diese Gesetzesänderung mit der Behauptung, es gehe nicht darum, die Ehe zu schwächen oder gar abzuschaffen, sondern sie im Sinne der Gleichberechtigung auch für schwule Männer und lesbische Frauen zu öffnen. Mit dieser Öffnung verzichte der Staat darauf, ins Privatleben der Menschen einzugreifen.

Was ist aus der Sicht von «Ja zum Leben» dazu zu sagen?
Zunächst zum Grundsätzlichen:
Sind Ehe und Familienverhältnisse nur Privatsache?

Davon kann wohl keine Rede sein. Sonst gäbe es nämlich nicht in allen Staaten ein umfangreiches Ehe- und Familienrecht. Jede Gesellschaft weiss es und wir alle wissen es: Gute Familien mit Müttern, Vätern und Kindern sind die unabdingbare Voraussetzung für gesunde Staatswesen, ja sie allein sichern sogar, biologisch und ethisch, deren Existenz über eine einzige Generation hinaus. Deshalb hat der Staat die wichtige Aufgabe, Ehe und Familie nicht nur symbolisch, sondern auch durch konkrete Massnahmen zu stärken.

«Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland», so schrieb der grosse Schweizer Dichter Jeremias Gotthelf.

Tatsächlich, im Hause beginnen das Glück des Einzelnen und der Wohlstand von Gesellschaft und Staat. Die Grundlage dazu wird durch die Geborgenheit in der Familie und die Erziehung für das Leben gelegt, und zwar durch Mutter und Vater, vor allem auch in ihren Geschlechterrollen, in einem friedlichen bipolaren Verhältnis. Die Verwurzelung in einer so geprägten Familie ist, wie wir auch aus Erfahrung und Wissenschaft wissen, für die Entwicklung der gesunden Identität eines Kindes wichtig.
In unserer Kultur haben dies viele Generationen so gesehen und deshalb die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Sie taten dies, weil sie der traditionellen Ehe eine herausragende Bedeutung für das Gemeinwohl und vor allem auch für das Kindeswohl beigemessen haben.
Dazu gehört die Erkenntnis, dass Kinder wenn immer möglich Mutter und Vater haben sollen. Unter der Voraussetzung des Möglichen kann man von einem Recht des Kindes auf beide Elternteile, Vater und Mutter, sprechen. Und es ist wirklich erbärmlich, wenn ausgerechnet der Staat in unserer bereits stark fragmentierten Gesellschaft noch zusätzlich per Gesetz Vater- oder Mutterlosigkeit der Kinder fördert.
Genau dieses fundamentale Recht der Kinder soll nämlich jetzt von Staates wegen beseitigt werden, indem mit der Ausweitung der «Ehe für alle» auch der Zugang von homosexuellen Paaren zur normalen Adoption und zusätzlich noch die Samenspende für lesbische Verbindungen freigeben werden.
Dagegen mag eingewendet werden, was denn mit den Kindern von Alleinerziehenden (z.B. Scheidungskinder, Waisen) sei. Das ist eine berechtigte Frage. «Ja zum Leben» kennt die Bedrängnis und nicht selten die grosse Not von Familien, in denen ein Elternteil, Vater oder Mutter, fehlt. Wir begegnen diesen alleinerziehenden Eltern mit grossem Respekt, ja Liebe, und helfen ihnen auch materiell so gut es geht. Es muss aber festgestellt werden, dass diese schwierigen Familienverhältnisse, in denen der Vater oder die Mutter fehlt, von Schicksalsschlägen betroffen sind. Es ist nicht, noch nicht, der Staat, der die Vater- oder Mutterlosigkeit gesetzlich herbeiführt. Genau dies tut aber die Vorlage «Ehe für alle». Zudem bemühte man sich bis vor kurzem, bei Adoptionen intakte Ehen zu bevorzugen, um Mutter und Vater zu ersetzen. Auch bei Scheidungen wird neuerdings grösserer Wert darauf gelegt, dass die Kinder regelmässigeren und stärkeren Kontakt zu beiden Elternteilen haben. Dagegen dürfen nach jetzt vorgeschlagenem Recht Kinder, die zum Beispiel von einem lesbischen Paar adoptiert wurden, erst mit 18 Jahren erfahren, wer ihr leiblicher Vater ist. Sie kennen dann einen Namen, sind aber einer Kindheit mit Mutter und Vater und damit eines wichtigen Elements ihres Wohlergehens beraubt.
Gleichberechtigung oder Gleichmacherei?
Wenn etwas mit dem Schlagwort «Gleichberechtigung» verkauft wird, dann ist Vorsicht, ja ein gesundes Misstrauen geboten. Oft geht es nämlich nicht wirklich um Gerechtigkeit, sondern ganz einfach um Gleichmacherei bei relevant unterschiedlichen Sachverhalten. Dabei wird vergessen, dass ein uraltes Rechtsprinzip besagt, dass Gleiches zwar im Staate gleich behandelt werden soll, Ungleiches aber unterschiedlich geregelt werden darf, wenn dies im Hinblick auf sachrelevante Unterschiede geboten erscheint. Dies ist, wie die grundsätzlichen Überlegungen gezeigt haben, bei der Ehe zwischen Mann und Frau mit dem Versprechen der Elternschaft einerseits und der Ver-bindung zwischen Homosexuellen andererseits der Fall.
Die «Ehe für alle» begründet Scheinehen, da gleichgeschlechtlichen Verbindungen Wesenselemente der traditionellen Ehe fehlen. Da hilft auch kein Slogan wie «Liebe darf alles». Nein, sie darf nicht alles. Im Interesse des Gemeinwohls verbieten unsere westlichen Gesellschaften zum Beispiel die Verbindung zwischen einem sechzigjährigen Mann und einem zwölfjährigen Mädchen oder diejenige zwischen nahen Verwandten. Vorläufig ist auch noch die Heirat von mehr als zwei Partnern untersagt, obwohl dies bereits in progressiven Kreisen, vor allem von Gender-Ideologen der LGBTQ-Bewegung, diskutiert und teilweise gefordert wird.
In diesem Zusammenhang ist vor der sattsam bekannten Salamitaktik zu warnen.
Noch begnügt man sich mit der, übrigens verfassungswidrigen (BV 119!), Samenspende für Lesben. Wie die Erfahrungen mit der eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare aber zeigen, dürfte es nicht lange dauern, bis weitere Forderungen folgen. Diese könnten weitere Liberalisierungen der künstlichen Fortpflanzung beinhalten, zum Beispiel die Freigabe der Leihmutterschaft für alle. Damit würde das Kind noch mehr zur «Ware auf Bestellung».
Erst letzthin haben rabiate Feministinnen klargestellt, dass die «Ehe für alle» nur ein Etappenziel ist. Der Forderungskatalog des Genderismus ist noch lange nicht leer oder abgehakt. Auf die Widerstandskraft der Politiker können wir in dieser Hinsicht leider nicht bauen. Jetzt ist das Volk gefordert.

Ein letztes Wort
Liebe Mitglieder und Freunde von «Ja zum Leben»! In diesen Überlegungen habe ich mich bewusst auf Argumente beschränkt, die der menschlichen Vernunft zugänglich sind. Sie haben als Fundament das klassische natürliche Recht, das für jeden Menschen, gleich welcher Weltanschauung, Klasse oder Religion, aufgrund seiner Vernunftnatur erkennbar ist. Das Naturrecht zeigt uns das Wesen, den Sinn und das Ziel der Beziehungen zwischen Mann und Frau in Familie, Gesellschaft und Staat.
Es gibt aber eine weitere Dimension, derer wir uns als gläubige Christen stets bewusst sein müssen. Es sind die Lehren und Haltungen, die sich aus unserem Glauben, dem biblischen Menschenbild und der christlichen Überlieferung speisen. «Als Mann und als Frau schuf er sie» (Gen 1,27): Mit dieser göttlichen Versicherung des fruchtbringenden Dualismus zwischen Mann und Frau ist eigentlich alles gesagt.
Mit herzlichen Grüssen

lic.iur. Herbert Meier, Baden
Präsident der Schweiz.
Vereinigung Ja zum Leben

Ja zum Leben ist eine interkonfessionelle und überparteiliche Vereinigung zum Schutze des ungeborenen Menschen und für die Hilfe an die werdende Mutter. www.ja-zum-leben.ch

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