Mittwochs Kolumne

Unser neuer Mitarbeiter, Herr Daniel Ric, was für uns jeden Mittwoch über ein Thema schreibt. Herzliche Willkommen lieber Daniel in der Novaradio.ch Familie.

Die verlorene Generation

Bern, 20.10.2021 (novaradio.ch): In aller Munde ist heute der Wunsch vieler Theologen und engagierter Christen, die Kirche mehr gegenüber der Welt zu öffnen. Dieser Wunsch wird vor allem innerkirchlich thematisiert und führt oft zu Streit innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft. Währenddem die einen glauben, dass jeder Versuch, weiterhin an den Dogmen und der tradierten Lehre festzuhalten, die Kirche noch weiter ins Abseits führen wird, glauben die anderen, dass die Kirche sich total verleugnet, wenn sie dem Zeitgeist hinterherrennt. Um dieser Frage gerecht zu werden, ist zuerst einmal eine nüchterne und objektive Betrachtung des Ist-Zustands notwendig. Fakt ist, dass der Kirche in den deutschsprachigen Bistümern die Generation von 30-55 Jahren fehlt. Selbstverständlich fehlen auch die Jungen, aber sehr spürbar ist vor allem die Generation, die eigentlich im besten Alter wäre, um als Laien Verantwortung in der Kirche zu übernehmen. Verantwortung nicht am Altar, sondern Verantwortung in den Pfarreiräten, Kirchenräten und vor allem auch in der aktiven Gestaltung des Pfarreilebens bei Fragen der Diakonie und des Gemeindeaufbaus. Nun muss sich die ehrliche Frage gestellt werden, was der Grund für diese fehlende Partizipation ist? Jeder, welcher der oben genannten Altersgruppe angehört, weiss aus eigener Erfahrung, dass unsere Generation sicherlich nicht durch eine zu strenge Katechese oder zu dogmatische Haltungen der Kirche abgeschreckt wurde. Wir sind de facto ohne Wissen über die Kirche aufgewachsen, da dieses weder in der Katechese noch in der Pfarreiarbeit vermittelt wurde. Die fehlende Generation in der Schweiz ist nicht das Opfer eines alten Kirchenbildes, sondern bereits vieler Neuerungen, die in den 80er und 90er Jahren eingeführt wurden. Ich möchte damit nicht alles verurteilen und vor allem auch nicht die frühere Zeit verklären. Jede Zeit kennt ihre Schwächen und Stärken. Jedoch ist es eine Tatsache, dass der Kirche eine ganze Generation abhanden gekommen ist. Wenn wir nun zum synodalen Prozess starten und die Chance nutzen, die uns der Heilige Vater gibt, dann ist es ganz zentral, gerade diese Generation zu befragen, was damals falsch gelaufen ist. Die Antworten derjenigen meiner Bekannten, die wenig kirchennah sind, geben offen zu, dass der Hauptgrund das fehlende Wissen rund um den Glauben ist. Dies wurde der katholischen wie der reformierten Kirche in der Schweiz zum Verhängnis. Es ist lebensnotwendig, aus diesen Fehlern zu lernen.
Die Kirche kann sich nicht noch eine verlorene Generation leisten.

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